Die Socken

Kampf mit der Tücke des Alltags

Gelesen in "Gemeinsam" einer Zeitung von Bürgern für Bürger. Gevelsberg

Liebe Omi,

danke für Deinen lieben Brief und natürlich besonders für die Socken. Sie waren ein Geschenk vom Himmel, da meine alten Socken eigentlich nur noch vereinzelt vorhanden sind. Zusammengehörende Sockenpaare scheinen sich nach einiger Zeit nicht mehr zu verstehen und sich daher zur Trennung zu entschließen, was zur Folge hat, dass ein Sockenpartner auszieht und sich allein ein neues Leben aufbaut. Wenn ich das mitkriege, ist es immer schon vorbei, sonst würde ich versuchen, die beiden zu überreden, es vielleicht nochmals miteinander zu probieren.

Eventuell kommt es auch vor, dass sich z.B. eine einfache schwarze Socke mit einer weißen Socke mit blauen Kringeln anfreundet und nach kurzer Zeit beide ihren Partner verlassen, sich irgendwo im Schrank ein Versteck suchen oder mysteriös, ohne Abschiedsbrief verschwinden. Ich stehe dann zusammen mit den hinterbliebenen, alleinstehenden Socken da, die sich meistens in ihrem Entsetzen untereinander gar nichts zu sagen haben.

Leider ist es auch nicht in der Natur der hinterbliebenen Socken, sich zu vermehren. Da braucht es schon Unterstützung von außen. Manchmal gelingt es mir, eine schwarze Socke mit einer dunkelblauen anzufreunden, was aber nur bei Kerzenlicht erfolgreich ist. Es bleibt doch nur bei einer Affäre, denn auf lange Sicht müssen sich die Socken ja in allen Lebenslagen verstehen, sonst hat so eine Beziehung einfach keine Zukunft.

Nochmals danke, und viele liebe Grüße von Deinem Enkel
Alexander

von Gerda Hellmann