***Thailand 1981/2000***
Ein Wiedersehen
In Thailand war ich schon einmal auf meiner Weltumrundung, und es hat
mir damals sehr gut gefallen.
Ja, Thailand ist ein wunderschönes Land, sehr feucht, und deshalb überall
sehr grün, Berge, Wälder, Seen und Flüsse und dazwischen viel
landwirtschaftlich genutztes Land. Was haben wir alles gesehen, natürlich
Reisfelder überall (Thailand ist der 4t-größte Reisproduzent der Erde),
Bananen- und Ananas-, Tabak- und Teeplantagen. Und dem entspricht auch
das Essen: Reis und dazu die unterschiedlichsten Gemüse, mit Fleisch
zusammen gekocht, wahrscheinlich im Wok. Die Frühstücke waren ein
Warm-/Kaltbuffett mit allem, was man sich nur wünschen konnte. Dazwischen
flitzten Tee- oder Kaffeemädchen mit wunderschönen Brokatgewändern herum
und gossen nach.
In Thailand gibt es kein Arbeitslosengeld, deshalb ist Bedienung überall
reichlich, und fast jede zweite Familie hat einen kleinen Laden entweder
in oder vor dem Haus aufgebaut oder an der Straße, wo sie alles mögliche
zu verkaufen sucht. In den Werkstätten, die uns gezeigt wurden, pflegen
die Thais eine charmante Schein-Primitivität. In der Edelsteinschleiferei
wurden die Edelsteine mit einer Art Laubsäge in die Ringe eingepasst,
das "Papier" für die beliebten Papierschirme und Fächer wurde mühsam aus
geschälter Baumrinde hergestellt. Ich bin sicher, anderswo, vielleicht
im Hinterhof, werden die Dinge auch maschinell fabriziert.
Der Besuch bei den Bergstämmen mit ihren kostbaren Trachten, der bei
Reisen dorthin obligatorisch ist, ist natürlich angemeldet. Die schweren
Silberhauben werden aufgesetzt und alles, was an Klein- und Kleinstkindern
verfügbar ist, wird "Müttern" oder "Geschwistern" im Tuch auf den Rücken
gebunden, um beim Fotografiertwerden ein besseres Trinkgeld zu bekommen.
Ein großer Gewinn war "Bruder Pong", unser Thai-Reiseführer. Er war lange in
Deutschland gewesen und sprach sehr gut deutsch, hatte nur die üblichen
Schwierigkeiten von Nicht-Deutschen mit ü, ö, ä. So erzählte er uns "von
Buddha und den Monchen, von der Konigsfamilie", die anscheinend sehr
verehrt wird, aber auch von den Sozialverhältnissen, die - zu seinem
Kummer - seiner Heimat den Ruf eines Riesenbordells eingebracht haben.
Er erklärte uns, die Thais redeten einander mit "Bruder" oder "Vater"
an, das taten wir dann auch brav, nannten ihn aber untereinander respektlos
"Ping-Pong".
Die Reise war sehr interessant, aber auch recht anstrengend: 2.800 km.
Dazu die Wärme, im Schnitt 33 °C. Aber alles war klimatisiert, die Busse,
die Hotels, auch die großen Touristen-Restaurants, obwohl im Freien,
waren mit großen Ventilatoren bestückt. Das war vor 20 Jahren noch anders,
aber andererseits kann man sich an die Hitze auch gewöhnen, wenn nicht
überall Klimaanlagen sind.
Ich hatte Bange davor gehabt, "total verplant" zu werden. Wir wurden
täglich um 6 Uhr geweckt, und dann ging es nach üppigem Frühstück weiter,
ein reichliches Besichtigungsprogramm. Aber mit "Pingpongs" Hilfe lernten
wir Einzelheiten verstehen, z.B. die verschiedenen Handhaltungen des
Buddha. Und hin und wieder gelang es mir auch, mich "abzuseilen", wenn
die Ausflüge fakultativ angeboten wurden. So hatte ich in Bangkok auf
die Fahrt auf den Klongs verzichtet, zumal die meisten Klongs (Kanäle,
Wasserstraßen) wegen Raummangels zugeschüttet worden sind, und versuchte
stattdessen das Jim-Thompson-Museum zu finden. Vor 20 Jahren kannte noch
jeder diesen Mann, einen Ami, der Thai-Volkskunst gesammelt und der
Seiden-Industrie einen wichtigen Auftrieb gegeben hatte. Durch die neuen
Hochstraßen und -bahnen fand ich mich überhaupt nicht mehr zurecht,und
von diesem J. T. hatte kein Mensch, den ich fragte, gehört. So schnell
wird eine Berühmtheit vergessen!
Und zwischen den vielen, vielen neuen Hochhäusern, die an Manhattan oder
Hongkong erinnerten, wirkten die kleinen, goldenen Tempel am Boden fast
verloren. Auch die "Geisterhäuser", puppenstubengroße Tempelchen auf
etwa 1 m hohen Pfählen, liebevoll mit Blumenkränzen, Räucherstäbchen und
anderen Gaben geschmückt, waren in Bangkok der Enge zum Opfer gefallen;
auf dem Land sah man sie noch überall.
Es war ein schönes Wiedersehen.
(Dr. Wackernagel)