Was ich noch sagen wollte ...
Etwa um die Jahresmitte war in der Tagespresse zu lesen, die jüngste
Umfrage des Allensbach-Instituts habe ergeben, dass "Eltern bei der
Erziehung ihrer Kinder immer mehr Wert auf Höflichkeit und gutes Benehmen
legen". Wie schön, dass diese Tugenden wieder gefragt sind. Sie sollen
mit 88 % sogar noch vor "akkurater Arbeit und Toleranz" (mit je 79 %)
rangieren. 1991 hätten nur 70 % der Befragten auf Höflichkeit Wert gelegt.
Somit lägen die Erziehungsziele der Eltern wieder in den traditionellen
Normen, die ab Mitte der 60er Jahre im Westen stark an Bedeutung verloren
hatten.
Meine angenehmen Erfahrungen in unserer Stadt scheinen diese Tendenz zu
bestätigen, zum Beispiel im Teamwork mit den Masterschülern, mit denen
wir die AS ins Internet setzen, sowie im Umgang mit Behörden, von dem
ich in der vorherigen AS-Ausgabe an dieser Stelle berichtete. Es ist
wohltuend, nunmehr eine allgemeine Trendwende bestätigt zu erhalten,
verstärkt sie doch die Hoffnung auf eine Besserung der Atmosphäre im
sozialen Verhalten.
Die so gepriesene antiautoritäre Erziehung zur freien Entfaltung der
Persönlichkeit geriet leider in manchen Kreisen außer Kontrolle und
artete beim Nachwuchs in "Wildwuchs" und Zügellosigkeit aus. Mit Besorgnis
registrieren wir nun einen wachsenden Egoismus und einen kühlen,
berechnenden Umgangston. Schon in den ersten Schuljahren lernt jeder
Knirps seine Rechte kennen - von Pflichten weiß man weniger. Nun ja,
wir bestanden in unserer Jugend auch nicht gerade aus lauter "Musterknaben",
doch, wenn wir uns seinerzeit mal daneben benahmen, waren zur rechten Zeit
zwei drei Klapse hinter die Löffel ausreichend, um das Gedächtnis zu wecken
und daran zu erinnern, was besser für uns und ein gutes Zusammenleben ist.
- Aber das sollte heute einmal jemand wagen, wenn auch aus noch so
gerechtfertigtem Grunde. Empört würde man mit dem Finger auf ihn zeigen.
- Die Zeiten und Erziehungsmethoden haben sich halt geändert. Doch
allmählich ist die Atmosphäre im menschlichen Zusammenleben derart,
dass sie auch der nachrückenden Generation immer weniger behagt. Wie
schön, wenn endlich die Fehlentwicklung erkannt und die Lehren daraus
gezogen werden ! Möge es auch in politischen Kreisen so ergehen.
Höflichkeit und gutes Benehmen, wenn sie nicht mit egoistischen
Hintergedanken erfolgen, sondern aus Überzeugung und von Herzen kommen,
sind wichtige Grundlagen für einen guten Umgang miteinander.
Doch man kann sie niemandem "einpauken", wenn man sie erfahren will,
müssen sie vorgelebt werden und da ist jeder von uns angesprochen. Wer
vom Wert dieser Tugenden erst einmal überzeugt worden ist, dem wird ein
weiterer Schritt nicht mehr schwer fallen. Der Schritt, sich anderen
gegenüber zu öffnen, Verständnis füreinander zu finden, einander zu helfen
und nicht stets an den eigenen Nutzen zu denken.
Damit nähern wir uns allmählich einer menschlichen Qualität, die leider
auch zur "Mangelware" geworden ist: Dem selbstlosen Einsatz für andere
Menschen. Ohne ihn wird ein erstrebenswertes Leben in der Gemeinschaft
nicht geführt werden können.
Da kann ich auf eine weitere positive Entwicklung in unserer Stadt
aufmerksam machen:
Im Rahmen einer Aktion des "Schwerter Kleeblatts" äußern sich leitende
Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Verwaltung zum Thema "Ehrenamt" und
bekennen öffentlich ihre positive Einstellung gegenüber Bewerbern, die
sich ehrenamtlich engagieren. Ich finde, dazu gehört eine große Portion
Zivilcourage, die leider für viel zu viele Zeitgenossen zum Fremdwort
geworden ist. Darum greife ich es hier auf, damit diese Aktion Schule
machen und für mehr Menschen zum Hoffnungsträger werden kann. Die hier
sich offenbarende, aber wenig bekannte lobenswerte Praxis möchte ich
durch einige Zitate verdeutlichen:
Der Verwaltungsleiter des Marien-Krankenhauses in Schwerte, Jürgen Beyer,
betont: "...selbstverständlich, dass wir ehrenamtliche Tätigkeiten
fördern und bei Bewerbungen besonders positiv bewerten". Dr. Günther
Philipp, Geschäftsführer der Thiele GmbH & Co KG, Iserlohn, hebt hervor:
"Ehrenamtliches Engagement ist eine immer wichtiger werdende Voraussetzung
für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft" und vom Vorstandsvorsitzenden
der Stadtsparkasse Schwerte, Rainer Wißuwa verlautet: "Wer in jungen
Jahren ehrenamtliche Arbeit leistet, ist in seiner persönlichen Entwicklung
den Gleichaltrigen deutlich voran. Wir wissen das zu schätzen und bevorzugen
diese jungen Leute bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen." Die positiven
Erfahrungen des seit Generationen bestehenden Unternehmens DIAGRAMM HALBACH
GmbH & Co KG, Schwerte, kommen in den Worten des Geschäftsführers Dipl.
Kfm. Ulrich Halbach zum Ausdruck: "Wer als Bewerber für eine berufliche
Position eine ehrenamtliche Tätigkeit vorweisen kann, macht Pluspunkte bei
der Personalentscheidung. Für ihn darf gelten, wenn er sich für die
Gemeinschaft engagiert, dass er teamfähig und damit gemeinschaftsfördernd
ist. Diese Eigenschaften sind in jedem Unternehmen gefragt."
Ich bin überzeugt, dass der Kreis von Personen und Firmen mit solcher
Grundeinstellung wesentlich größer ist. Es wäre schön, wenn auch sie sich
einreihen würden in diesen Bekennerkreis, der dazu ermutigt, Zeit und
Fähigkeiten selbstlos anderen Menschen zur Verfügung zu stellen, der zu
verstehen gibt, dass diese lobenswerte Eigenschaft eine besondere
menschliche Qualität ist, die auch Beachtung findet.
Das wird wiederum von großem Nutzen sein für viele Vereine und für
Gemeinschaften, die für die Allgemeinheit unverzichtbar sind, die sich
dem Sport, der Kultur und sozialen Zielen widmen. Auch unser Redaktions-Team
fühlt sich dabei angesprochen
Was für die Jugend gilt, hat auch Bedeutung für Menschen, die in ihren
besten Jahren den Arbeitsplatz verlieren und anschließend - trotz guter
Fachkenntnisse - es aus "Altersgründen" bei Bewerbungen schon vorab
sehr schwer haben. Sie sollten jedoch erkennen, dass ein ehrenamtliches
Engagement eine bessere Entscheidung ist, als ein deprimiertes Abwarten,
bei dem die erworbenen Fähigkeiten allmählich verloren gehen und die
Einstellungschancen schwinden.
Unser Bürgermeister beabsichtigt nun, ehrenamtliche Tätigkeiten durch
Verleihung von Medaillen an besonders engagierte Bürger auszuzeichnen.
Diese Ehrung würde eine sehr effektive Ergänzung erfahren, wenn sie
einhergehen würde mit einer größtmöglichen Beseitigung von bürokratischen
Hürden bei ehrenamtlichen Aktivitäten.
Es gibt in unserer Stadt, wie auch anderweitig, viele Menschen, die ihren
Fähigkeiten entsprechende, sinnvolle ehrenamtliche Aufgaben suchen, aber
auch viele, die auf menschliche Zuwendung warten. Hier ist ein Weg
aufgezeigt worden, der beide Gruppen zusammenführen kann.
Ich hoffe, dass meine Zeilen von unserer Leserschaft mit Interesse
aufgenommen und weitergegeben werden, damit sie gute Früchte tragen.
Horst Reinhard Haake