Nächtlicher Ausflug

„Es war furchtbar!" Conrads Augen starrten hinauf zu dem Haus, das er gerade fluchtartig verlassen hatte.

„Was ist? Sprich weiter", drängte Beate.

„Wir müssen hier weg."

„Hier weg? Hast du vergessen, dass unser Auto streikt?"

Conrad strich sich nervös über die Haare.

„Die Tür hat ein älterer Herr aufgemacht."

„Den habe ich gesehen."

„Er führte mich an einer breiten geschwungenen Treppe vorbei in den hinteren Teil der Halle und ließ mich allein. Dort hing das Telefon an der Wand, die Telefonnummer der Autowerkstatt lag daneben. Ich wählte und nachdem es dreimal geklingelt hatte, meldete sich eine Frauenstimme. 'Warten Sie bitte!' Kurze Zeit später öffnete sich eine Geheimtür in der Wandvertäfelung und der alte Mann war wieder da."

Die Pause, die Conrad jetzt zum überlegen brauchte, dauerte Beate zu lange: „So rede doch." Ungeduldig legte sie mit leichtem Druck ihre Hand auf Conrads Arm. Conrad holte tief Luft.

„Kommen sie bitte zu mir, junger Mann", forderte er mich auf.

„Das Gespräch ist noch nicht zu Ende', sagte ich.

„Legen sie ruhig den Hörer auf. Es wird alles geregelt."

Vorsichtig tat ich es, ging langsam auf die Tür zu und mit dem alten Mann in das angrenzende Glashaus.

Es war ein exotischer Garten. Feuchtwarme Luft machte das Atmen schwer. Gleichmäßiges Summen war zu hören. Als sich meine Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten, konnte ich mannshohe Grünpflanzen mit dicken, klebrigglänzenden, handgroßen Fingerblättern erkennen. Zwischen diesen Pflanzen rankte eine Art Efeu, an dem weiße, rosa und violette Rispen hingen. Gelbrot gestreifte Blütenkelche schmückten buschige, strubbelige Farngewächse. Ein Terrarium mit Schlangen in Tigerzeichnung wurde angestrahlt.

Der Mann bot mir eine Zigarette an, stopfte sich eine lange Pfeife mit geschnitztem Meerschaumkopf, zündete sie an und murmelte unverständliche Worte. Aus einem Korb, den ich vorher gar nicht gesehen hatte, flogen jetzt Bienen heraus." Conrad schüttelte sich.

„Ich sah den Bienen zu, wie sie in die Blüten krabbelten und wartete auf ihr Herauskommen.

„Wie tief ist denn der Kelch, aus dem die Bienen den Nektar holen?" fragte ich, bekam aber keine Antwort, blickte im Raum umher, doch der Alte war nicht da.

Und dann kam der große Schreck! Erst glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen, aber die Fingerpflanzen bewegten sich wirklich auf mich zu. Sie näherten sich langsam. Mein Herz stand fast still. Dann rief ich laut - schrie!

Der freie Raum zwischen mir und den Pflanzen wurde immer geringer. Ich hatte Angst Luft zu holen und sie damit anzuziehen." Conrad lehnte sich zurück in den Sitz.

„Und?" fragte Beate aufgeregt.

„Und?! Dann bin ich losgelaufen. Drei große Schritte bis zur Tür, ein Blick in die Halle - leer! Ich durchquerte sie und rannte zu dir." Beate rückte dicht an Conrad.

Ein einzelner dumpfer Glockenschlag drang zu ihnen durch die nächtliche Stille, die Wolkendecke zerriss und das Auto fuhr - mit ihnen - den Hügel hinauf...

Wilme Frohne