Schwerter Eisenbahngeschichte
Gründung und Aufbau der Eisenbahnergewerkschaft in Schwerte
Die Folgen der Nachkriegszeit 1918
Die politische Umwälzung beginnt
Das allgemeine Volk forderte Anfang November 1918 die Abdankung des
Kaisers, auch traten in dieser Zeit mehr und mehr Minister zurück. Am
11.11.1918 dankte der Kaiser ab. über Waffenstillstandsbedingungen
wurde nachgedacht.
In Folge der mit rapider Gewalt sich ausbreitenden Umsturzbewegung wird
aus dieser Zeit berichtet, dass bereits am 12.11.1918 Post- und
Eisenbahnverkehr schwere Einschränkungen hinnehmen mussten. Des weiteren
wurde am 18. Nov. mitgeteilt, dass der gesamte Güterverkehr zum Erliegen
kam. Nur Lebensmittel- und Kohlezüge waren zur Versorgung im Dienst
verblieben. Einen Tag später wurden sämtliche Schnell- und D-Züge
eingestellt. Nur sehr wenige Personenzüge waren dem Verkehr überlassen.
In der allgemeinen Lage heißt es im Dezember 1918: Bis auf weiteres
fällt eine ganze Reihe von Personenzügen aus. Der Direktionsbezirk Köln
und die linksrheinischen Gebiete sind für den Reiseverkehr gesperrt,
mit Ausnahme von Berufsreisenden.
Angesichts des Punktes 7 der Waffenstillstandsbedingungen, der die Abgabe
von 150.000 Eisenbahnwaggons und 5.000 Lokomotiven vorsah, lag es natürlich
im öffentlichen Interesse über wie viel rollendes Material Deutschland
zur Zeit verfügte. So erfuhr das Berliner Tageblatt, dass es sich
gegenwärtig um 800.000 Güterwagen und 35.000 Lokomotiven im Gesamtbestand
der Eisenbahn handelt. Allerdings musste hier berücksichtigt werden,
dass ein überwiegender Teil des Bestandes sich in den besetzten Gebieten,
wie Russland, Österreich-Ungarn und dem Balkan befand und gegenwärtig
nicht verfügbar war.
Mit Ablauf des 17. Dezembers 1918 konnte eine komplette Stilllegung des
Personenverkehrs nicht mehr ausgeschlossen werden. Dies lag an den
drückenden Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens, welches die
Abgabe des rollenden Materials vorsah. Durch den Rücktransport der
Truppen, 1,5 Mio. Soldaten aus dem Westen, so wie eine halbe Mio.
Heeresangehörige aus dem Osten, mussten 800 Züge mit ca. 90.000 Wagen
dem zivilen Personenverkehr entzogen werden.
Das Jahr 1918 endete für das deutsche Eisenbahnwesen mit folgender Meldung:
Nach den neuerlichen Festsetzungen der alliierten Waffenstillstandskommission
muss Deutschland in den nächsten Monaten vom 17. Dez. 1918 bis 01. Februar
1919, 3.500 Lokomotiven abgeben. Die Ententekommission schickt sehr viele
Lokomotiven zurück, wenn kleine oder kleinste Mängel zu finden sind. Infolge
muss in nächster Zeit eine neue Verkehrsbeschränkung, voraussichtlich um
50 %, eintreten.
Die Wurzel einer neuen politischen Eisenbahner-Bewegung auch in Schwerte 1918
Unter der Leitung des Verbandsvorsitzenden Brunner fand am Samstag dem 4.
Mai eine Veranstaltung der Ortsgruppe der Schwerter Eisenbahner im
'Westfälischen Hof' statt. Herr Brunner hielt einen Vortrag zum
wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Eisenbahner. Unter dem
Vorsitz des Herrn Burgemeister aus dem hiesigen Ortsverein trafen
sich etwa 100 Mitglieder. Der ca. einstündige Vortrag des Redners Brunner
aus Berlin wies im Anschluss auf die Organisation hin. Je mehr Arbeiter
und Angestellte sich ihr jetzt anschließen, um so eher könnte Druck auf
die Verwaltung vorgenommen werden. Es sei zwar schon viel erreicht
worden, aber man brauche immer noch die Mitwirkung der Arbeiter bei der Festsetzung:
- der Löhne
- der achtstündigen Arbeitszeit
- für den Ausbau der Pensionskassen
- der besseren Vergütung der Überstunden.
Im Abschluss seiner Rede wies er noch darauf hin, dass eine zufriedene
Arbeitnehmerschaft auch zum Wohle des Vaterlandes und zu einem schnelleren
Frieden führt.
Im 'Westfälischen Hof' wurde am 8. Dezember 1918 eine außerordentliche
Versammlung des Schwerter Eisenbahn-Fahrbeamtenvereins einberufen. Der
Hauptzweck war eine gründliche Aussprache über die politische Umwälzung.
Weiter wurden in einer Petition folgende Punkte gefordert:
- der 8-Stundendienst,
- die Entlassung aller im Fahrdienst tätigen Frauen
- und ein größerer Zusammenschluss aller Fahrbeamten zu einem starken Verband.
Diese Forderungen sollten so schnell wie möglich angestrebt werden. An
diesem Tag fanden noch heftige Debatten statt.
Bereits am 12.12.18 wird auf einer dieser Versammlungen mitgeteilt,
dass die 100.000 Frauen, welche während des Krieges bei der Staatsbahn
beschäftigt waren, langsam wieder durch männliche Angestellte ersetzt
werden sollen, um eine hohe Arbeitslosigkeit unter den zurückkehrenden
Kriegsteilnehmern zu vermeiden.
Die Eisenbahnerstreiks in Schwerte 1919
Das Jahr 1919 begann durch den politischen Umsturz der Nachkriegszeit
mit erheblichen Unruhen und Streiks.
Die ersten Streiks der Eisenbahner richteten sich weniger gegen zu
niedrige Löhne oder für Verkürzung der Arbeitszeit, als gegen die
politischen Verhältnisse der neu entstehenden deutschen Räte-Republik.
Die Proteste waren Ende 1918 vor allem gegen die Bevormundung und
Übergriffe der Arbeiter- und Soldatenräte in den Eisenbahnbetrieben, in
denen die Eisenbahner unterdrückt wurden, gerichtet.
Mit der Zeit wurden aber aus den Reihen der Eisenbahnarbeiter Stimmen
nach Lohnerhöhung laut.
Aus diesem Grund hatte die Regierung der neuen Republik unter anderem zu
Beginn des Jahres 1919 an die Eisenbahnarbeiter folgenden Aufruf erlassen:
„Der Zentralrat wurde von den gestellten Forderungen der Eisenbahner
in Kenntnis gesetzt. Er weist dringendst darauf hin, wie wichtig jetzt
eine Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs ist. So ernst wie die
Forderungen nach Lohnausgleich und Arbeitszeit auch sind, so ist es
doch zur Zeit die wichtigste Aufgabe der Arbeiter, Angestellten und
Beamten, die Wiederherstellung eines geregelten Eisenbahnverkehrs, sowie
die bessere Versorgung der Bevölkerung und der Betriebe zu gewährleisten,
um somit einer hohen Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Nur in diesem
Sinne kann die neue Generation und Demokratie entstehen, welche im
November 1918 begonnen hat."
Unter der Parole:
- Das Maß ist voll -richteten sich am 17.02.19 die Beamten und Arbeiter
der Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner der Direktionen Münster, Essen
und Elberfeld auf einen 24-stündigen Generalstreik ein. Aus diesem
Grund wurde der Vorsitzende des deutsch-demokratischen Gewerkschaftsbundes
Adam Stegerwald mit der Einleitung dringender Verordnungen und
Gespräche mit der Regierung beauftragt.
Wegen der aufkommenden Unruhen unter dem Eisenbahnpersonal aller
Stände, und zur Sicherstellung eines geregelten Personen- und Güterverkehrs,
mussten in jenen Tagen gesonderte Hilfstruppen angefordert werden.
In einem Schreiben aus Münster an die Stadt Schwerte vom 28. Februar
1919 teilt das 7. Armeecorps des Generalkommandos Abteilung Ia Nr. 2391 mit: (Auszug)
III Sicherung des Bahnverkehrs:
Die Sicherung des Bahnverkehrs ist nach Generalkommandoverfügung Abteilung
Ib Nr. 35 T vom 29.02.19: Bekanntmachung Sache der Eisenbahnbehörden,
als vom GK eingesetzte Bahnhofswachen sind lediglich Teile von Truppen
des Heeres, von freiwilligen Formationen auszugehen. Die von Fall zu
Fall mit besonderem Auftrag eingreifen, wenn Bahnschutz und Ortspolizei
nicht ausreichen und militärische Hilfe anfordern. Diese Anforderungen
sind an das GK oder nächsten Truppenteil zu richten. Alle anderen
Sicherheitswehren, auch wenn sie früher vom GK oder von dem ehemaligen
Soldatenrat anerkannt wurden, müssen von dem Bahngelände entfernt
werden. (StaASchw. 6873)
Mitte Juli hielt der Staats-Eisenbahn-Verein unter der Leitung des
Oberbahnhofsvorstehers Petruschke seine Hauptversammlung ab. Dem Verein
gehörten zu diesem Zeitpunkt 900 Mitglieder an. Nachdem der 1. Schriftführer
Heimann den Geschäftsbericht verlesen hatte, sprach man ihm und dem
Kassierer Stütgen das besondere Vertrauen aus. Für den Oberbahnmeister
Eggers wurde der Zugführer Paul Müller zum 2. Vorsitzenden gewählt. Es
erging der Beschluss, dass auch weiterhin eine Sterbehilfe von 100,- Mark
gezahlt werde. Als Vereinslokal sollte das „Hotel zur Post" beibehalten
werden. Dem Gesangverein 'Flügelrad' übergab man 100,- Mark zur
Beschaffung einer Fahne. Von einem Sommerfest nahmen die Eisenbahner in
diesem Jahr Abstand. Nach Rückkehr der Kriegsgefangenen sollte statt
dessen ein Familienabend geplant werden. Das 25-jährige Bestehen des
Vereins sollte im Jahre 1920 festlich begangen werden.
Am 23. Juli tagte unter dem Vorsitz des Herrn Burgemeister eine vom
Deutschen Eisenbahnerverband einberufene Versammlung, welche von den
Mitgliedern zahlreich besucht wurde. Der Bezirksvorsitzende Clever aus
Barmen hielt einen längeren Vortrag über das Thema: Sind die Forderungen
der Eisenbahner berechtigt?
In seinem Vortrag ging er auf Lohnforderungen, Entschuldungszulagen usw.
ein. Er forderte die Versammelten auf, die anderen Gewerkschaften genau
unter die Lupe zu nehmen. Weitere Punkte seiner Rede beinhalteten: Die
Wahrung der Beamtenautorität gegenüber den Untergebenen, die Abschaffung
der Uniform mit Abzeichen und blanken Knöpfen. Ein Proletarier Rock mit
Dienstmütze sollte in diesem Fall reichen. Der Vortrag klang mit den
Worten aus, dass sich alle Beamte und Arbeiter in einem freien deutschen
Eisenbahnverband organisieren sollten. Diesen Ansichten trat der
Bezirksvorsitzende Warstein aus Elberfeld von der Gewerkschaft der
Eisenbahnbeamten scharf entgegen. Diese Äußerungen, so seine Meinung,
sind prädestiniert einen Keil zwischen Beamte und Arbeiterschaft zu
treiben. Dies müsse unter allen Umständen vermieden werden, da beide
Stände aufeinander angewiesen sind. Die Beamten müssen unter allen
Umständen ablehnen, sich für das politische Rätesystem missbrauchen zu
lassen. Der Schluss der Versammlung, in der auch Herr Burgemeister das
Wort ergriff, verlief sehr lebhaft. Eine Resolution zu Gunsten des
Deutschen Eisenbahnerverbandes wurde mit knapper Mehrheit angenommen.
Am 6. September 1919 hieß es in einem Aufruf auf den Plakaten:
„Arbeiten und nicht reden"
Der Eisenbahnminister Oeser wies in einem Aufruf an die Eisenbahner und
Werkstättenarbeiter darauf hin, dass es zur Reparatur der Eisenbahnanlagen
unbedingt notwendig sei, Versammlungen irgendwelcher Art auf die Pausen
oder auf die Zeit nach Betriebsschluss zu verlegen.
Aus diesem Monat wird weiter berichtet, dass der Stadtverordnete und
Arbeiterführer Henschel aus Schwerte wegen Streikvorbereitung und
'Volksverhetzung' im Verlauf des 25. Sept. 1919 festgenommen und nach
Münster überführt wurde. Er konnte aber nach ausgiebigem Verhör wieder
freigelassen werden. In diesem Zusammenhang kann hier schon von frühen
spartakistischen Hintergründen ausgegangen werden, so die Polizeiverwaltung.
Mitte Oktober 1919 beantragte das Ministerium für öffentliche Arbeit und
der Gewerkschaften der Eisenbahner Lohn- und Tarifverlängerung. Die
Eisenbahner waren der Ansicht, dass diese Verlängerung auffällig in die
Länge gezogen wurde. Da binnen kurzer Zeit keine Entscheidung getroffen
war, mussten die gültigen Tarife beibehalten werden.
1920 - ein Jahr des harten Arbeitskampfes
Das Jahr 1920 begann mit ausschreitenden Streiks der Deutschen Eisenbahnarbeiter.
So hatte auch die Eisenbahnerbewegung in Schwerte zu einer völligen
Stilllegung der Strecken in unserem Ruhrtal geführt. Auf den Strecken
nach Arnsberg sowie Dortmund-Iserlohn konnte kein Zugverkehr aufrecht
erhalten werden. Die 3.000 Eisenbahner des Bahnhof Hagen beschlossen
den Streik unter allen Umständen bis zur Bewilligung ihrer Forderungen
durchzuführen. Auch in Schwerte hatte sich diese Lage bis zum 7. Januar
1920 nicht wesentlich geändert. Lediglich auf der Strecke nach Arnsberg
konnten gelegentlich ein paar Züge abgefertigt werden.
„Im Reiche des Wassers" fand am 6.01.1920 eine vom Schwerter Beamtenausschuss
einberufene Versammlung statt. Nach langen Verhandlungen in dem überfüllten
Saal unterzeichneten die Anwesenden eine Resolution, in der die Beamten
ihre Neutralität gegenüber der Streikbewegung erklärten.
In Schwerte beteiligten sich an diesem Bahnarbeiterstreik zwischen dem
5. und dem 13. Januar 677 Arbeiter und Angestellte. Davon 103 Personen
unter 21 Jahren.
Der Eisenbahner Streik im Januar 1920 hemmte auch die Schwerter
Wirtschaft und Industrie wesentlich. So berichtet die Schwerter Zeitung
über sich, dass sie ihr Tagesblatt wegen Zufuhrmangels an Papier nur
in einem begrenzten Umfang aufrecht erhalten kann.
Ende Januar spitzte sich die Lage derart zu, dass das Ministerium einen
Erlass herausgab:
„Die letzten Ereignisse lassen keinen Zweifel mehr zu, dass die
Eisenbahnerbewegung nur ein Teil einer umfassenden politischen Bewegung
zum Sturz der Regierung ist, die von einer langen Hand der Kommunisten
und Spartakisten vorbereitet ist. Die Aufrechterhaltung ist zur
Durchführung der Versorgung für die Bevölkerung mit Lebensmitteln und
Kohle eine unbedingte Notwendigkeit. Es wird erwartet, dass die Beamten
in der Kenntnis dessen, sich gegenseitig bei der Ausführung zur
Aufrechterhaltung des Betriebes, insbesondere der Lokomotivarbeiten,
unterstützen. Die Beamtenverbände haben ihre Mitglieder in gleichem
Sinne aufgerufen, um die staatliche Ordnung und Lebensmittelversorgung
sicher zu stellen. Es darf nicht geduldet werden, dass ungezügelte
Elemente das Verkehrswesen zerstören."
Um den 23. Februar 1920 war eine Verbesserung in den Eisenbahnwerkstätten
festzustellen. Die Arbeiter wurden nach Akkordlohn bezahlt und erzielten
so ein um 15 % höheres Einkommen. Im allgemeinen war aus diesem Grund auch
eine steigende Arbeitsfreudigkeit festzustellen.
In diesem Zeitraum wurde durch die Eisenbahnkommissare stolz bekanntgegeben,
dass durch die Einführung des Akkordlohnes die Zahl der ausgebesserten und
betriebsfähigen Lokomotiven um ein Vielfaches, auf 1.100 Stück, gestiegen ist.
Aber auch Politiker und Betriebsräte blieben in jener Zeit wieder einmal
von den Auseinandersetzungen nicht verschont. Verhaftungswellen politisch
unbequemer Personen waren an der Tagesordnung. So ist aus den Protokollen
der Polizeiakten der Stadt Schwerte, ein Schreiben an den Regierungspräsidenten
zu Arnsberg vom 7. Mai 1920, zu entnehmen:
Zitat: Der Eisenbahnschlosser (Betriebsrat) W. Burgemeister ist einer der
gefährlichsten Streikhetzer und Volksverhetzer im Direktionsbezirk
Elberfeld. Er segelte unter der Flagge der Mehrheitssozialisten, ist
aber in Wirklichkeit Spartakist. B. hetzte unter der spartakistischen
Herrschaft noch weiter zum Streik, als selbst der Spartakistenführer
Henschel die Arbeiter ermahnte, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der
Störenfried bei der Eisenbahn ist Burgemeister.
Am 15. Juni 1920 berichtet die Schwerter Zeitung:
„Die Versammlung der Vertreter aller Parteigruppen der Reichseisenbahn
hat die Gründung einer einheitlichen Gewerkschaft deutscher Eisenbahner
und Arbeiter beschlossen. Die neue Gewerkschaft umfasst rund 300.000
Mitglieder. Sie ist parteipolitisch neutral und steht auf dem Standpunkt
des Koalitionsrechtes."
Trotz dieser schweren Zeiten gab es für unsere Schwerter Eisenbahner
auch erfreuliche Jubiläen zu feiern.
So konnte der Eisenbahnverein Schwerte am 15. Juli 1920 auf sein 25-jähriges
Bestehen zurückblicken. Aus diesem Anlass wurde beschlossen an diesem Tag
eine Jubelfeier im Freischütz zu veranstalten. Die Vorbereitungen wurden
durch den Festausschuss unter Leitung des Rangiermeisters D. Tillmann
getroffen. Der Gesangverein „Flügelrad" trug zu diesen Feierlichkeiten bei.
Nach dem vorliegenden Programm hat um 15.00 Uhr ein Festzug vom Bahnhof
Schwerte über die Bahnhofs- und die Hörder Straße zum Festlokal Freischütz
stattgefunden. Im Laufe des Nachmittags wurde dort ein großes Konzert unter
Mitwirkung der hiesigen Kapelle und des Gesangvereins „Flügelrad" geboten,
dem sich am Abend ein Tanz anschloss.
Im „Westfälischen Hof" rief am 29.06.20 die Ortsgruppe Schwerte, der
Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahner und Anwärter, eine Vollversammlung
ein. Der Vorsitzende Zugführer Gorholt betonte in seinem Vortrag, dass
die Besoldungsreform nicht das gebracht hätte, was die Regierung versprochen
habe. Man sprach hier von einer ungerechten Einstufung. Am Schluss dieser
Zusammenkunft wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: (Zitat)
„Wir protestieren gegen die von der Regierung vorgenommene Einstufung der
Besoldungsgruppen. Weiter verlangen wir, dass die zum 1. Juli einbehaltenen
Vorschüsse als einmalige Teuerungszulage angerechnet werden. Den
Eisenbahnbeamten ist es in Zukunft nicht mehr möglich bei 2 Pfund Brot
den Dienst zu versehen. Wir verlangen, dass hier endlich Wandel
geschaffen wird. Bei Nichterfüllung dieser gerechten Forderung kann
keine Gewähr geleistet werden, dass der Betrieb ordnungsgemäß weiter rollt."
Auf einer Versammlung am 12. Oktober ging der Redner Möhle aus Elberfeld
in einer 1 ¼ stündigen Rede auf die Zeichen der Zeit ein. Er betonte, dass
damals, im Jahr 1918, vieles im Ansatz schon versäumt worden sei, und ging
anschließend auf das Elend der Hilfsbeamten ein. Hier müsse der Hebel in
der neuen Ordnung angesetzt werden.
Während man am 22. Dezember noch von einer friedlichen Einigung sprach,
spitzte sich die Lage jedoch bis Ende Dezember zu. Auf einer von der
Reichsgewerkschaft am 27.12.1920 abgehaltenen Versammlung kam man zu der
Überzeugung, dass ein weiteres Verhandeln mit der Regierung zwecklos sei.
Ein sofortiger Streik wurde gefordert.
(wird fortgesetzt)
Mit freundlicher Unterstützung des Stadtarchivs und der Stadtbücherei
Schwerte, GdED, - Transnet -, Bestwig
Quellennachweiß: Schwerter Zeitung d. Jhrg. 1918/20
Klaus H.Huhn