Post aus Amerika
Guten Morgen.....
und vielen Dank fär Ihre Nachricht. Zu Ihrer Frage nach den vielen
deutschsprachigen Bewohnern in diesem Raum:
Erstens, die Deutschen waren nach 1849 (Paulskirche in Frankfurt) die
größte Einwanderergruppe, die sich hauptsächlich im Raume
Baltimore/Washington angesiedelt hatte (die Schiffe legten gewöhnlich
im Hafen von Baltimore an). Je mehr Deutsche sich hier niederließen,
desto mehr Verwandte und Bekannte aus Deutschland folgten. Um 1900
waren sie die größte ethnische Gruppe, gefolgt von Schweden
(Schwerpunkt war der Staat/Land Delaware), Briten und Iren. Es gab
viele deutsche Handwerker, deren Qualitätsarbeit sehr gefragt war....
und fast alle Brauereien in USA waren in "deutschem" Besitz.
Die Lebensgeschichte von Christian Heurich, der aus Thüringen über
Österreich und die Schweiz einem Jugendfreund nach Baltimore folgte,
ist typisch. Beide hatten die Braukunst im Heimatraum erlernt... und
dann ihre Wanderjahre gemacht. C.H. hatte 2 oder 3 Jahre bei einer
deutschen Brauerei in Baltimore gearbeitet und ist dann nach Washington
DC gegangen, wo eine Brauerei von einer deutschen Familie betrieben
wurde. Durch den frühen Tod des Besitzers hatte C.H. (wohl aus
praktischen Gründen) die Witwe geheiratet... und als die Brauerei
abgebrannt war, hat er eine neue aus Stein und Beton gebaut, die dort
stand, wo heute das Kennedy Center am Potomac Fluss steht. Es gab zu
der Zeit viele "deutsche" Biergärten, wo sich die Familien am Abend
und Wochenende vergnügten, was die Heurich-Familie sehr reich gemacht
hat. C.H. hat sein Vermögen in Grund und Boden investiert und wurde
damit einer der größten Bodenbesitzer... in einer rasch wachsenden
Hauptstadt.
Sein Haus in der Nähe vom Duport Circle wurde von der Familie der
Washingtoner Historischen Gesellschaft geschenkt, die im 3. Stock ihr
Büro hat.... doch hatte die Familie darauf bestanden, dass der Rest
des Hauses so verbleiben sollte, wie es zum Ableben von C.H. (er starb
im Alter von 96 Jahre !!) bestand. Viele deutsche Handwerker bauten das
Stadthaus im Stil eines deutschen Herrenhauses, mit antiken Möbeln die
C.H. bei seinen jährlichen Besuchen in der alten Heimat gesammelt
hatte.
Übrigens hat C.H. in USA nie Leitungswasser getrunken. Im Frühstückszimmer
war ein großes Fass eingebaut, was ständig "Senate Lager Beer" enthielt,
und selbst auf seinen Atlantik-überquerungen hat er stets ausreichend
Fassbier für sich und seine Begleiter mitgeführt.
Sein Urgrossenkel hat vor einigen Jahren wieder "Heurich Beer" im Handel
eingeführt, von einer Brauerei in Pittsburgh nach C.H.'s altem Rezept
gebraut.
Die zweite Einwanderungswelle erfolgte nach dem 1. und 2. Weltkrieg,
als das Leben in Deutschland so aussichtslos schien. Viele US-Soldaten
die nach 1945 in Süddeutschland stationiert waren, haben deutsche
Mädchen geheiratet.
Traditionell beenden besonders Offiziere ihre militärische Karriere im
Pentagon in Washington DC und tausende sind hier einfach "steckengeblieben",
insbesondere, wenn deren Kinder hier zur Schule/Uni gingen. Die Mütter
waren besonders daran interessiert, ihren Kindern die "deutsche" Kultur
zu vermitteln, was zur Gründung von deutschen Schulen, Vereinen und
Kirchen geführt hat.
Meine Frau und ich sind seinerzeit als Jungvermählte nach USA gegangen,
da man zu der Zeit ohne viel Schwierigkeiten einwandern konnte....und
verhältnismäßig gut und schnell Geld ansparen konnte, denn der Dollar
war DM 4.20 wert. Letztlich hatten wir uns dann auch so sehr an das
milde Klima gewöhnt (kurze milde Winter - 2 Stunden zum Atlantikstrand
und 2 Stunden in Winter zum Skilaufen in die "Blauen Berge"), dass
auch wir hier "steckengelieben" sind.
Soviel für heute... Vielleicht stelle ich mal einen Beitrag über den
Einfluss der Deutschen hier in USA zusammen.
Bis dann wünsche ich Ihnen und dem AS-Team
alles Gute
Claus Mewes, Washington DC/USA