Was ich noch sagen wollte...
eigentlich hatten wir vor, dieser Rubrik schon in unserer 50. Ausgabe einen
neuen Titel zu geben, doch dann entschieden wir uns, es für die Jubiläumsausgabe
noch bei dem gewohnten "Wir über uns" zu belassen, quasi als Abschluss einer
Entwicklungsphase. Wir sind der Ansicht, dass es nach 12 Jahren an der Zeit ist,
hier nicht mehr die Probleme unserer Redaktion in den Vordergrund zu stellen.
Wir werden weiterhin unserem Namen gerecht werden und aktiv bleiben, doch die
"Sturm und Drangzeit" liegt nun einmal hinter uns. Wir haben uns etabliert und
es sieht so aus, als sei der Fortbestand unserer "AS" doch einigermaßen sicher,
sofern man in der heutigen Zeit überhaupt von Sicherheit reden kann. Doch in
unserer Redaktion hat sich ein zuverlässiger harter Kern gebildet und außerdem
dürfen wir uns über eine treue Leserschaft freuen, eine gute Basis für einen
gesunden Optimismus. Davon abgesehen: Wer bei angespannter Finanzlage ein Dutzend
Jahre gut überstanden hat, der wird auch die Zukunft meistern können.
Wir sind in der Redaktion überein gekommen, mir an dieser Stelle künftig mehr
Freiraum zu gewähren für die Beobachtung des sozialen und politischen Geschehens
um uns herum, für das Leben in unserer Stadt und darüber hinaus. In diesem
Zusammenhang werde ich zu gegebener Zeit auch wieder unsere eigenen Angelegenheiten
ansprechen.
Es dürfte nicht nur die ältere Generation interessieren, hier aktuelle bemerkenswerte
Fakten und Entwicklungen in unserer Stadt festzuhalten, die man negativ oder positiv
empfindet. Eine rege Mitarbeit unserer Leser würde ich sehr begrüßen. Es sollten
allerdings nur Fakten angesprochen werden, denn wir wollen sachlich bleiben und hier
nicht persönlichen oder parteipolitischen Frust abladen. Das würde an unseren
Grundsätzen vorbeigehen. Aber schreiben Sie nur "frisch von der Leber", wir
werden eventuelle unbeabsichtigte polemische Passagen schon herausfiltern.
Schreiben Sie uns, was Ihnen in unserer Stadt gefällt oder nicht gefällt, was
Sie angenehm empfunden oder zu beanstanden haben. Machen Sie ruhig Vorschläge,
wie nach Ihrer Ansicht etwas verbessert werden könnte, aber vergessen Sie nicht,
auch einmal ein Lob auszusprechen, wo es angebracht ist. Denn es gibt nirgendwo nur
Negatives zu berichten, davon steht genug in der Tagespresse. Zum Ausgleich möchte
ich hier etwas mehr die positiven Seiten beleuchten.
Grundsätzlich gilt: Was hier angesprochen wird, geht uns alle an, die Verwaltung,
Rats- und Ausschussmitglieder, gleich welcher Couleur. Hauptsache, es bewegt sich
etwas zum Wohl der Bürger.
Und es hat sich durchaus schon einiges bewegt, das mich aufmerken
lässt.
So zum Beispiel in unserem Rathaus.
Da ging es kürzlich um eine ganz simple Angelegenheit, wie die Besorgung eines
neuen Personalausweises. Dieses wichtige Papier lag für meine Frau zur Abholung
bereit und da wir vorhatten, vor Urlaubsantritt die Briefwahl zum Landtag am
14.5.2000 auszuüben, wollten wir einiges miteinander verbinden. Vor einer längeren
Abwesenheit sind ja immer mancherlei wichtige Dinge zu erledigen.
Wohlgemut und nichtsahnend betraten wir das Rathaus, aber, o Schreck:
Vor dem Amtszimmer, neben der Information im Erdgeschoss war es schwarz von
wartenden Menschen und in Gedanken schrieb ich schon alle weiteren dringenden
Vorhaben an diesem Morgen ab. Doch es kam anders.
Wir erkundigten uns bei der Information nach der voraussichtlichen Wartezeit,
mussten jedoch nur mit einem bedenklichen Achselzucken vorlieb nehmen. Doch als
die sympathische Angestellte erfuhr, dass wir lediglich einen Personalausweis
abholen wollten, den wir ja auch für die Briefwahl benötigten, erbat sie unser
Benachrichtigungsschreiben, ging in den Raum des Einwohnermeldeamtes und kam schon
nach wenigen Augenblicken zurück. Mit einer liebenswürdigen Geste übergab sie uns
den neuen Ausweis und verabschiedete sich freundlich.
Donnerwetter - so etwas ist an einer Amtsstelle nicht gerade alltäglich !
Als wir uns für das Entgegenkommen bedankten und in das obere Geschoss eilten,
um die Briefwahl auszuüben, hörten wir sie noch in die wartende Menge rufen:
"Ist hier noch jemand, der lediglich einen Ausweis oder ähnliches abholen
will ?"
Diese angenehme Erledigung einer behördlichen Handlung stimmte uns sehr froh.
Könnte man nicht öfter über solche erfreuliche Begebenheiten berichten? Ich bin
überzeugt, dass es an verschiedenen Amtsstellen noch weitere solcher freundlichen
Mitarbeiter gibt. Doch leider erfährt man überwiegend nur, wenn es etwas zu meckern
gibt. Schreiben Sie uns doch einmal, wenn Sie gute Erfahrungen mit Behörden gemacht
haben, wir berichten gerne darüber und würden in besonderen Fällen auch gerne einmal
Namen nennen und öffentlich ein Lob aussprechen, damit es Nachahmer findet und das
Klima zwischen Bürgern und Behörden sich bessert.
Weniger angenehm ist der Gesprächsstoff allerdings, wenn es um die vielen Baustellen
in unserer Stadt geht, die seit Monaten zu großen Umwegen und Staus führen und manchen
Unmut verursachen. Es hat jedoch den Anschein, als ob auch hier "Licht am Ende des
Tunnels" zu sehen sei und wenigstens der Postplatz rechtzeitig vor den Wahlen wieder
normal passierbar werden würde.
Apropos "Wahlen". Es sieht so aus, als würde es wieder einmal recht spannend werden,
bei der Wahl um die Zusammensetzung unseres Landtagsparlaments. Dass sich jedoch
bei neuer Besetzung auch die Handhabung des politischen Geschäfts grundsätzlich
ändert, kann ich nur hoffen. Es ist sowohl auf Landes- als auf Bundesebene lange
überfällig. Insbesondere beim Umgang mit Steuergeldern, müssen sich unsere Volksvertreter
etwas respektvoller benehmen, denn es handelt sich nicht um ihr Eigentum, sondern
um Abgaben von sauer verdienten Einkünften der Menschen, die sie ihnen anvertraut
haben.
Nach allem, was sich in letzter Zeit auf diesem Gebiet offenbart hat, sollte man
in unserem Lande endlich die Konsequenzen ziehen. Das politische Handeln muss viel
intensiver mit konstruktiver Kritik begleitet und auch geahndet werden. Ohne
überheblichkeit erinnere ich an die Vorschläge, wie sie in unserer "AS" vor
Jahren unter dem Titel "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" gemacht und
vom Bund der Steuerzahler für gut befunden wurden. Eine sogenannte "Politbuchhaltung"
wäre kein schlechtes Instrument für eine kontinuierliche objektive Kontrolle.
Sie brächte wertvolle Informationen für alle politisch Handelnden über Erfolg oder
Fehlschlag ihrer Beschlüsse und Maßnahmen. Unverantwortliche Handlungen würden keine
Chance haben, jahrelang unentdeckt zu bleiben. Mein Konzept steht, wer hat die
Courage es mit mir umzusetzen?
Erstaunlich, was der Vizepräsidenten des Bundes der Steuerzahler, Dieter Lau,
in der "Steuerberatung" Nr,4/2000, dem Organ des Steuerberaterverbandes e.V.,
Bonn, veröffentlichte. Danach bezifferte der Europäische Rechnungshof das Volumen
der Verschwendung von Steuergeldern in Europa auf fünf Prozent! In Deutschland
allein sollen es sogar fünf bis zehn Prozent sein, das entspräche einem Wert von
mindestens 60 Milliarden Mark.
Gelänge es, die Verschwendung von Steuergeldern zu vermeiden, könnte die
Mehrwertsteuer von derzeit 16 % auf 12,5% oder die Lohn- und Einkommensteuer um
rund 20 % gesenkt werden. "Das sind Größenordnungen" schreibt Lau "bei denen schon
die Frage gestattet sein muss, warum die Politiker sich nicht m e h r um dieses
Thema kümmern." "Steuergeldverschwender handeln ebenso sozialschädlich wir
Steuerhinterzieher" ist die Meinung von Dieter Lau und ich kann ihm da nur
zustimmen.
Anstatt den Bürgern immer mehr Opfer abzuverlangen, um die Haushaltslöcher zu stopfen,
wäre mehr Gewissenhaftigkeit und Sparsamkeit in allen öffentlichen Haushalten der
schnellere Weg zum Erfolg. Vor allen Dingen müsste die parlamentarische Finanzkontrolle
verbessert werden. Das Programm dazu ist nach Ansicht von Dieter Lau denkbar einfach.
Dazu sei es allerdings notwendig, den Rechnungsprüfungsausschuss zu verselbständigen,
der bisher nur ein Unterausschuss des Haushaltsausschusses sei.
Es müsse der Tatbestand der "Amtsuntreue" geschaffen werden, der die Verschwendung
von Steuergeldern unter Strafe stellt. Außerdem müsse "darüber hinaus ein sog.
Amtsankläger, ein 'procureur general', wie ihn die Franzosen kennen", bestellt
werden. Das wäre es!
Ich finde diese Denkanstöße gut, weshalb ich sie hier auch erwähne. Es muss in
unserem Lande etwas geschehen, wenn der soziale Frieden gewahrt bleiben
soll.
Es ist erschreckend, was immer wieder über öffentlich verschwendete Gelder ans
Tageslicht kommt.
Doch was wird dagegen unternommen ? Das sollte unsere ständige Frage an alle
Kandidaten sein!
Ob ein Schaden vorsätzlich oder unbeabsichtigt entstanden ist, sei dahin gestellt.
Jedenfalls wäre es von großem Vorteil, wenn das politische Handeln auf
Bundes- Landes- oder kommunaler Ebene von parteiunabhängigen Gremien kontinuierlich
kritisch begleitet würde und auch die Aufklärungsarbeit des Bundes der Steuerzahler
zu Gegenmaßnahmen führen würde, die Verschwendungen ahnden oder besser noch
verhindern helfen.
Einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Beitrag dazu könnten auch die Seniorenbeiräte
in den Städten liefern, wenn man ihnen dazu die Kompetenz verleihen würde. Sie sollten
freigehalten werden von parteipolitischen Besetzungen und nur mit dem erfahrungsreichen
Sachverstand älterer Bürger die politischen Handlungen mit konstruktiver Kritik begleiten.
Seit nunmehr der dritten Wahlperiode darf ich die "AS" im Seniorenbeirat unserer Stadt
vertreten und ich weiß wovon ich spreche. Es soll ja hier einiges geschehen, doch: Warten
wir es ab, lieber Leser!
Tschüß bis zum nächsten Mal.
Ihr Horst Reinhard Haake