Schiffsanlegestelle Obersee

Natürlich waren wir viel zu früh an der Anlegestelle.

Das Begrüßungskomitee, die Enten, kam uns aber trotzdem entgegen.

Jeweils eine unscheinbare grau-braun gesprenkelte Ente und eine mit bunten Federn und Locken. Sie watschelten schräg hintereinander her und es war gut zu erkennen, welches Paar zusammengehörte. Sie liefen nicht nur zu uns, sondern auch zwischen uns herum. Sie waren gar nicht ängstlich - auch nicht besonders hungrig.

Da jede Viertelstunde ein Schiff anlegt und Passagiere vor dem Einsteigen warten, werden sie oft gefüttert.

Aber nicht nur die Enten. In dem Jasmin neben dem Anlegesteg wohnte eine Maus. Ich sah sie, als sie vorsichtig um einen Seitentrieb lugte. Die Schnurrbarthaare an dem Schnäuzchen zitterten, während die Knopfaugen genau den Abstand zwischen den gefährlichen Beinen und dem begehrten Krümel erkundeten. Dann rannte sie zielsicher los und war fast im gleichen Moment wieder verschwunden.

Die anderen Frauen hatten die Maus auch entdeckt und eine Dame stieß mit ihrem Schirm mehrmals in das Blättergewirr.

Die Maus tat mir leid. Ob sie jetzt bange war? Oder lachte sie sich ins Fäustchen? Sie hatte bestimmt ihre Erfahrungen mit „Stocherern".

„Da ist sie wieder!"

Köpfe drehten sich zum Pflaster vor dem Jasmin - aber für die flinke Maus viel zu langsam.

Ich spazierte etwas am See entlang und besah mir die Enten, die auf der Uferbefestigung schliefen. Und dann hörte ich:

„Toch! Toch! Toch! Toch! Toch!"

„Wo sind denn hier Hühner?" überlegte ich und schlenderte weiter. Ich näherte mich zwei Frauen, die sich angeregt unterhielten. Die Größere redete und nickte. Sie erklärte wohl etwas. Die Kleinere schüttelte immer ihren Kopf. Auf einmal hob sie die Hand, legte sie an ihren Hals, blieb stehen und rief:

„Doch, doch, doch, doch, doch, doch - die kenne ich!" und dann nickte auch sie. Das waren also meine Hühner!

Ich drehte mich schnell um, dass die beiden mein Gesicht nicht sehen konnten.

Auf dem Rückweg überquerte ein Entenehepaar vor mir die Promenade. Ich blieb stehen - die Enten auch. Sie legten ihre Köpfe etwas schief und sahen zu mir herauf.

„Kapp! Kapp!" Da ich nichts aus meinen Taschen kramte, schwankten sie weiter zum See. Dort waren auch die anderen Enten. Jetzt war also Badezeit!

Oder hofften sie auf Futter von der einlaufenden „Seemöwe"?

Vom Oberdeck aus sah ich auf die leere Anlegestelle.

Die Enten schwammen! Die „Hühner" promenierten weiter hinten! Aber wo war die Maus?

Von Wilma Frohne