Die ehemalige Wasserburg Haus Steinhausen liegt heute im Nordostwinkel des
Westhofener Kreuzes, auf nunmehr Dortmunder Stadtgebiet. Schon immer war hier
ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzte die von Schwerte kommende,
über Syburg nach Herdecke führende Straße, der Rosenweg, die uralte
'Via Regia' - die 'Königsstraße' - besser unter dem Namen 'Helweg' bekannt.
Sie führte von Köln kommend, über Schwelm, Altenhagen, Westhofen, an Schwerte
vorbei, über die Höhen von Ardey und Haar, unter dem Namen 'Haarweg', auch
'Kleiner Helweg' genannt, parallel zum 'Großen Helweg' Duisburg-Dortmund-Soest,
in Richtung Paderborn.
Haus Steinhausen, vielleicht einst Sitz eines der Burgmannen der
Sigiburg/Hohensyburg, tritt erst im 15. Jhdt. aus dem Dunkel der Geschichte.
Im Vergleich mit den Häusern Ruhr, Wandhofen, Westhofen und Husen, war Steinhausen
der kleinste unter den Rittersitzen des Reichshofes Westhofen.
Der von Kückshausen herab führende 'Brauksiepen' war nahe dem Hause zu einer
Kette von 13 abgetreppten Fischteichen aufgestaut, und speiste zugleich den
Gräftenring des Hauses Steinhausen. Einige der Teichdämme zeichnen sich noch
heute im Gelände ab.
Die Anlage des Rittersitzes, so wie sie uns aus dem Urkataster von 1827 und
einer Lithographie von P. Herle/Paderborn von 1837/40 bekannt ist, bestand aus
dem zweigeschossigen unterkellerten Wohnturm von 1628, dem Torhaus und dem
ökonomiegebäude von 1700, sowie dem Herrenhaus von 1712. An weiteren Gebäuden
waren 1712 noch vorhanden: das Brauhaus, 2 Schafställe und ein 1690 erbauter
Schweinestall. Hinzu kommt noch eine hauseigene Getreidemühle, vermutlich
eine kleine Wassermühle. Der Standort aller dieser ehemaligen Bauten ist jedoch
unbekannt. Die 1705 erwähnte Schmiede war wohl im Brauhaus untergebracht.
Die gesamte erhaltene Bausubstanz des Hauses Steinhausen, so wie sie ohne
wesentliche Eingriffe die Zeiten überdauert hat, ist also neuzeitlichen Ursprungs.
Von der mittelalterlichen Anlage ist oberirdisch nichts erhalten. Neuzeitlich
müsste auch die Konzentration aller Baukörper auf nur einer Gräfteninsel sein,
die völlig untypisch für eine Niederungsburg unseres Raumes ist. Bei der
mittelalterlichen Anlage dürfte es sich eher um eine Wasserburg des
Zwei-Insel-Typs gehandelt haben, wie für Haus Dellwig bei Lüttgendortmund,
Haus Rodenberg in Aplerbeck und Haus Dudenroth in Holzwickede nachgewiesen
ist. Hier befand sich das eigentliche Burghaus, freistehend auf einer kleinen
Insel, und war über einen Brückensteg mit Zugbrücken mit der Vorburg, dem
Wirtschaftshof, verbunden. Daneben konnte das Burghaus, oder ein Turm, aber
auch frei im Wasser stehen, wie z.B. Haus Busch in Hagen-Kabel, Haus Altendorf
bei Dellwig/Ruhr oder Haus Heidhof in Dortmund-Schüren.
Haus Steinhausen besaß folgende Berechtigungen, die anno 1712, anlässlich des
Verkaufs des Gutes, aufgeführt wurden. So gehörten zum Haus „die adliche
Gerechtigkeit alß sagt Kirchenrecht, außdrifft, Schefferei, Taubenflucht, die
Fischerey auff der Ruhr von der westhövischen Brücken ahn biß auf des H. von
Nehm (Haus Ruhr) Fischerei schießendt". In der Syburger Kirche gehörten zum
Haus 3 Frauenbänke „unter dem Predigtstuhl" und 2 Begräbnisbahnen auf dem
Friedhof. Als kleinster Rittersitz des Reichshofes besaß Haus Steinhausen nur
ein Hufenrecht (1563). Als privatgenutzter Anteil der Reichsmark (Anschötte)
gehörten dazu, 12 Bäume an der Holzbrücke (über den Wannebach?) und das Gehölz
„dat hew", bis an den Dortmunder Weg (Der alte Postweg). Jenseits des Weges
kam dazu noch eine beschränkte Eigendrifft (Vieheintrieb in die Mark). Für
den Anteil an der Reichsmark waren von Haus Steinhausen jährlich 60 Reichstaler
und 13 ½ Stüber an den Wald-Förster zu Hagen zu zahlen. Ferner waren zu liefern:
an den Pastor zu Westhofen (Syburg), den Schulmeister und den Küster zu Westhofen
je 1 Scheffel Hafer und Roggen, sowie „dass so genanndte Wickeder oder zinßkorn
so jährlich H. von Neheim zu Ruhr... entrichtet werden muss". Ansonsten war
Steinhausen, als Rittersitz, schatz- und dienstfrei.
Ein bezeichnendes Bild auf die Größe des Rittergutes Steinhausen wirft die
1543 von den Rittersitzen erhobene Burgundische Landsteuer. So wurde Haus
Villigst auf 45 Goldgulden geschätzt, die beiden, zusammen veranlagten Häuser
Husen auf 36, das Sybergsche Haus Westhofen auf 33 ½ , und Haus Ruhr auf 9
Goldgulden. Mit 4 ½ Goldgulden war Steinhausen das absolute Schlusslicht.
An Ländereien gehörten zu Steinhausen: 3 Felder, 4 Kämpe, 3 sonstige „Stücke"
und 6 Wiesen ohne Lage- und Größenangabe, darunter „die holtzbrügger wysche
sampt darbey ahm berge gelegenen holtz-gewachs", sowie 3 Waldstücke, u.a. „4 ½
morgen mit auffstehendem gehöltz so in die Rosenhove gehörig darinnen das
'lustige Büschken' der frauwen von Bergknecht zugehörig gelegen", sowie die
schon erwähnten 13 Fischteiche. Hinzu kommen noch der hauseigene Gemüse- und
Kräutergarten und der Obsthof nebst dem Baumhof, mit rund 150 „Pflaumen,
Kirsch, Morellen wie auch Apfelbäume...", welche der Pächter, Herr von Wrede,
1696 schon veredelt, gepflanzt oder versetzt hatte.
Über die angebauten Feldfrüchte gibt uns das Inventarverzeichnis von 1712
Auskunft. Hier finden wir an Vorräten verzeichnet: „Erpsen, grobe Bohnen, wifel
Bohnen, Rübesatt (Raps), Zuckererpsen (und) Zwiebeln"; 1696 sind noch
„Kupfgemüse" und Kohl genannt.
Der Viehbestand war zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich groß.
1696 hielt der Pächter v. Wrede:
77 Schafe, 6 Schweine nebst Eber und 10 Ferkel, 8 Kühe nebst Bullen, 4 Rinder
und 6 Kälber, 4 Pferde, darunter 1 Hengst und 1 Wallach.
Nach dem Verzeichnis von 1712 waren es:
5 Ackerpferde nebst 3 Füllen, 3 Kühe, 16 Rinder und 25 Kälber, 15 Schweine,
19 Gänse und 25 „Pilen", sowie 9 Hühner. Die Anzahl der Schafe ist nicht
genannt.
Trotz seiner geringen Größe war das Rittergut nicht nur ein fast autarker
Selbstversorgerhof, sondern erzeugte erstaunlicherweise noch erhebliche
überschüsse. Wie ein zwischen 1704 und 1726 geführtes Notizbuch vermeldet,
wurden in großem Umfang Speck, Schinken und Würste verkauft, und Getreide über
die Kornmärkte von Hattingen, Herdecke und Wetter verhandelt. Absatzmarkt für
Fisch war Dortmund.
Zum ständigen Personal des Hauses gehörten um 1708 etwa 9 Personen; bestehend
aus dem Baumeister - dem Verwalter Dietrich Kisting, dem Bauknecht Jürgen Braß,
dem Pferdeknecht Henrich Siebener, ferner die Witwe des Schmiedes - „die alte
Degenersche" genannt, die Küchen-Nebenmagd Anna Katharina und die Viehmagd Anna
Maria. Hinzu kamen noch der in anderen Quellen genannte Schäfer und (Schweine?)
Hirte, sowie die erschließbare Küchen-Hauptmagd.
Ursprünglich gehörten zu Steinhausen einige Höfe, die Abgaben und Dienste zu
erbringen hatten. Dazu zählte auch das ehemalige Rittergut Kückshausen, die
beiden Syburger Kotten Hermann, mit 6 Pflugdiensten, und Tewes, mit 6 Handdiensten.
Dazu kamen noch 2/3 der Rosenhufe. Der Steinhauser Abgabenanteil betrug daran
jährlich 6 Malter Hafer, 1 Malter Roggen und 3 Malter Gerste, 1 Reichstaler 7
½ Stüber „Wiesengeldt" und alle 3 Jahre ein „Schuldschwein". Die Rosenhufe,
als Zeitpachtgut, musste alle 12 Jahre mit 12 Reichstalern „Gewinngeld"
wiedergewonnen werden. In der Bauerschaft Wandhofen gehörten 1652 zu Steinhausen,
die Joistishufe - das „Clombtsgut", mit 2 Pflugdiensten, der Hof Middelman,
mit 6 Pflugdiensten, sowie der Hof Pothman, mit gleichfalls 6 Pflugdiensten.
Der zum Hause gehörige „Darosten-Hof" (?), in der Freiheit Westhofen, wurde
1664 verpachtet. Die hier gleichfalls gelegene kleine „haußstette sampt
anklebenden, mit steinen abgedecketen undt mit einem Zaun umbzeuneten hofeken...
Stefens geheßen (?), wurde 1680 verkauft. Alle diese Höfe, bzw. die Steinhauser
Rechte daran, scheinen im 17. Jhdt. veräußert worden zu sein.
Über die ursprünglichen Besitzer von Steinhausen wissen wir nichts. Im 15.
Jhdt. gehörte Steinhausen jedenfalls den Herren von Wandhof zu Wandhofen. Als
1480 Elisabeth von Wandhof den aus einem ravensbergischen Rittergeschlecht
stammenden Johann Nagel ehelichte, erhielt sie das Rittergut Steinhausen als
Brautschatz. Der Sohn der Eheleute, Bernd Nagel, verheiratet mit der Dortmunder
Patriziertochter Katharina Klepping, hinterließ keine männlichen Erben.
Grundriss von
Steinhausen nach Thomas Spohn
So erhielt seine älteste Tochter Katharina, anlässlich ihrer Hochzeit mit dem
Schotte von Mengede zu Westönnen, im Jahre 1574, Haus Steinhausen nebst 1000
Goldgulden als Mitgift. Wohnsitz der Eheleute blieb jedoch Westönnen bei Unna.
Deren Sohn, Nagel von Mengede, der den Nachnamen seiner Mutter, nach damaliger
Sitte zum Vornamen erhielt, heiratete 1596, mit 20 Jahren, die aus münsterischem
Patriziergeschlecht stammende Christina Schencking zur Wyck. Mit ihnen beginnt
der interessanteste Teil der Besitzergeschichte von Steinhausen.
Die Eheleute lebten auf Westönnen und ließen das Gut Steinhausen durch einen
Verwalter oder Pächter bewirtschaften. Hier wird 1599 ein gewisser Velthaus
genannt. Als 1615 Nagel von Mengede in der Ruhr bei Langschede ertrank,
übersiedelte die noch junge Witwe nach Steinhausen auf ihr Witwenteil. Im Jahre
1628 bezog sie vermutlich den von ihr fertiggestellten zweigeschossigen
Wohnturm mit Treppengiebeln, wovon ihr Wappen über dem Eingang kündet. Hier
lebte sie vermutlich bis zu ihrem Tode 1633. Dass mit dem Bau des Turms schon
zu Lebzeiten ihres Mannes begonnen wurde, lässt das Allianzwappen der Eheleute
am Treppenaufgang vermuten.
Von den 6 Kindern der Christina v. Schenking erbte Johann Ernst von Mengede
(*1609 +1687) Haus Steinhausen. Als alter Mann lebte Johann Ernst bei einer
seiner Töchter und seinem Schwiegersohn, dem Herrn von Grüter, auf Haus
Altendorf, nachdem ihm 1672 Schreckliches widerfahren war.
Im dem genannten Jahr kam es im Zuge des französisch-niederländischen Krieges,
in den der Kurfürst von Brandenburg unklugerweise, auf Seiten der Niederländer
eingegriffen hatte, zum Einfall der Franzosen unter Marschall Turenne in die
Grafschaft Mark, die nun ausgeplündert wurde. Im Februar 1672 erschienen die
französischen Marodeure auch vor Steinhausen. über das Eis der zugefrorenen
Gräfte drangen sie vor und setzten Haus Steinhausen den „Roten Hahn" auf.
Die Pferdeställe und das ökonomiegebäude brannten völlig nieder. Hierüber
berichteten drei Nachbarn 1694, in einer Vernehmung, dass die französischen
Plünderer „daß Hauß mitt gewalt eingenohmen und aller der darauff geflüchteten
Haußleuthe geldt und Mobilien weggeraubet, des Herrn von Rumpfs Schwiegervatteren,
der von Mengede nunmehr Sählig, nebens einen Cavallier Bernhardt von Verlackeren,
den dahmaligen Churfürstl. Holtz Richteren, Matthiasen Küperen undt andere mehr,
nackendt ausgezogen" hätten. Nur dem verzweifelten Bemühen der Leute sei es nach
dem Abzug der Franzosen zu verdanken, dass wenigstens das Wohnhaus vor der
Vernichtung bewahrt werden konnte. Wie die Zeugen weiter berichteten, sei der
Gutshof nicht wieder aufgebaut worden, „nur daß eine neue brügge undt pforte
von den herren von Rumpf verfertiget seye". Erst im Jahre 1700 wurden das
zerstörte ökonomiegebäude und das Torhaus wieder aufgebaut.
Querschnitt des
Wohnturmes mit Blick auf die Kaminwand
Kurz vor den erwähnten Ereignissen von 1672, hatte Johann Ernst von Mengede,
äußerst widerstrebend, die Einwilligung zur Ehe seiner ältesten Tochter
Katharina Mechthild v. Mengede, mit dem aus katholischem, kölnischen Adel
stammenden Christoph Albert von Rump gegeben. Vermutlich nicht nur wegen der
konfessionellen Gegensätze, die v. Mengede waren Reformierten Glaubens,
sondern auch wegen der charakterlichen Eigenschaften seines Schwiegersohnes.
Christoph Alberts Vater, Christoph von Rump zu Varenbert, war 1737 durch seine
Ehe mit einer N. von Eickel, in den Besitz der Rittergüter Rittershofe bei
Mengede und Crange bei Herne gekommen. Als der Vater nun 1666 starb, erhielt
dessen ältester Sohn, im Rahmen einer komplizierten Erbteilung, Haus Crange.
Der jüngere Sohn, Christoph Albert v. Rump, wurde mit dem geringeren Gut
Rittershofe abgefunden.
Christoph Albert v. Rump, der neue Herr von Steinhausen, war mit Leib und
Seele Soldat und stand als Offizier in den Diensten des Kölner Kurfürsten,
des Erzbischofs und Herzogs von Westfalen. Nun verbot aber 1673 der Kurfürst
von Brandenburg allen seinen Angesessenen jeglichen ausländischen Militärdienst.
Rump musste so notgedrungen seinen Dienst quittieren, wollte er nicht seine
Existenzgrundlage, seine märkischen Lehen, verlieren.
Die Eheleute Rump wohnten vermutlich auf Rittershofe, da zwischen 1679 und 1682
Katharina Mechthilds jüngere Schwester auf Steinhausen lebte, wofür sie ihrer
Schwester und ihrem Schwager ihren Fischteich auf dem Westhofener Bruch vermacht
hatte.
Von 1685 bis 1696 stand Christoph Albert v. Rump, als Hofmeister und Kammerherr,
in Diensten des Fürstbischofs von Paderborn. Wohnsitz der Familie war die
bischöfliche Residenz Schloss Neuhaus bei Büren. Trotz seiner Tätigkeit fand
Rump genug Zeit seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Von Besitzgier und
Standesdünkeln getrieben, ließ er keine Gelegenheit aus, Streit zu suchen und
zu prozessieren. Selbst vor Handgreiflichkeiten schreckte er nicht zurück, ja
nicht einmal vor Mord!
Ein besonders übles Kapitel ist die Vertreibung seines Bruders vom Rittergut
Crange und die Besetzung des Hauses, nach dessen Tod 1692. Als er, trotz
wiederholter Aufforderung durch das Gericht Bochum, gar nicht daran dachte
Crange zu räumen, erschien in der Nacht des 28. Juli 1692, ein vom Gericht
aufgebotenes Kommando von 50 Schützen, um Rump mit Gewalt aus Haus Crange zu
vertreiben. Als ihm mitgeteilt wurde, er habe auf Befehl des Kurfürsten Haus
Crange unverzüglich zu verlassen, brüllte er aus dem Fenster: „Ich scheiße
auf den Kurfürsten!" Als daraufhin die Schützen gegen das Haus vorrückten,
ließ Rump auf sie das Feuer eröffnen, wobei einer der Männer erschossen wurde.
Doch nicht der Tod des Mannes brachte ihn ins Gefängnis, sondern die
nachfolgende Anklage wegen Majestätsbeleidigung. Für ein halbes Jahr wurde er
in Wesel und Kleve inhaftiert. Von dem Vorwurf der Majestätsbeleidigung konnte
sich Rump erst 1711, kurz vor seinem Tode, durch einen Reinigungseid befreien.
Zum Prozess wegen des Getöteten kam es erst 1708, Resultat unbekannt. Vermutlich
über Jahre verschleppt, dürfte er sich durch den Tod Rumps von selbst erledigt
haben.
Als Rump 1696 seine Hofmeisterstellung in Paderborn verlor, verzog er zunächst
für 10 Wochen mit seiner Familie und Dienerschaft nach Steinhausen, wo er sich
ungefragt bei seinem Pächter, dem Herrn von Wrede, einquartierte. Bereits 1690
hatte von Wrede, der auch mit dem Pächter des ehemals Syberg'schen Hauses
Westhofen identisch sein dürfte, das Rittergut Steinhausen für 130 Reichstaler
jährlich gepachtet. Da sich Rump einfach in Steinhausen breitgemacht hatte,
und sich an Wredes Vorräten, Garten- und Feldfrüchten vergriff, reagierte dieser
mit Pachtkürzung. Das wiederum trug Wrede und seinen Knechten Repressalien und
Tätlichkeiten von Seiten Rumps ein. Diese führten letztlich zur Flucht Wredes
von Steinhausen, und zur Aufkündigung des Pachtvertrages. Der anschließende
Prozess zog sich bis zum Jahre 1709 hin.
Anlässlich seiner nun zahlreicher werdenden Aufenthalte auf Steinhausen hatte
Rump den Wohnturm auf dem weiter verpachteten Gut stillschweigend mit Beschlag
belegt und zur vollwertigen Wohnung eingerichtet. Ferner beanspruchte er
jederzeitigen Zutritt zu dem Gut. Hierdurch wurde der Keim zu dem nächsten
Konflikt gelegt. Hier auf dem Turm von Steinhausen war auch Rumps Waffenarsenal
untergebracht. Anlässlich der Inventarisierung von 1712 fanden sich hier u.a.
36 Musketen, 13 Pistolen, 2 kleine Degen und ein Florett!
Im Jahre 1706 hatte Christoph Albert v. Rump Gut Steinhausen auf 6 Jahre,
für 176 Reichstaler jährlich, an einen gewissen 'canonicus Gammans' verpachtet.
Diese undurchsichtige Gestalt, zu dessen Haushalt eine gewisse 'Madame Momplainchamp',
nebst zwei Kindern, und noch weitere merkwürdige Figuren gehörten, scheint
ein Quacksalber gewesen zu sein. Jedenfalls hatte er Rump versprochen, dessen
an Krebs erkrankte Schwester zu kurieren. Für seine, allerdings vergeblichen
Bemühungen, hatte er ein Honorar von 1044 Reichstalern in Rechnung gestellt.
Das wären, nach dem Kurs unserer D-Mark, etwa 87.696,- DM*)! Jedenfalls kam
es auch hier zum Streit. Als Gammans daraufhin Rump den Zutritt nach Steinhausen
verwehrte, ließ Rump kurzerhand das Tor aufbrechen. Der Streit eskalierte
schließlich 1708 in einer Prügelei vor Gericht. Letztlich wusste sich Rump
wieder mit Gewalt durchzusetzen, denn die Gammansche Mischpoke verließ
Halsüberkopf Steinhausen, unter Zurücklassung von Gammans Apothekenutensilien.
Nach einem wildbewegten Leben starb Christoph Albert v. Rump 1711. Sein
ältester Sohn Franz übernahm die elterlichen Güter, zu denen nun auch das
umstrittene Crange zählte. Wie es ihm der Vater in seinem Testament geraten
hatte, verkaufte Franz von Rump bereits im folgenden Jahr Haus Steinhausen
für 8500 Reichstaler an die Eheleute Zacharias Kaspar von Pöppinghausen, den
Sohn eines Dortmunder Bürgermeisters, und Gattin Anna Catharina von Droste zum
Strombergshove, um mit dem Geld die verschuldeten Häuser Crange und Rittershove
zu sanieren.
Die Eheleute Pöppinghausen begannen noch im gleichen Jahr mit dem Neubau des
in Verfall geratenen Herrenhauses, über dessen Eingang noch heute deren
Allianzwappen prangt. Nach dem Tode der Anna Catharina, 1729, und des Zacharias
Kaspar von Pöppinghausen, 1733, fiel Haus Steinhausen, auf dem Prozesswege, an
Zacharias Schwager, den Ehemann seiner Schwester, Otto von Blankennagel zu
Dölberg bei Unna-Nordlünern. Dieses adlige Geschlecht war, durch welche Umstände
auch immer, seines Adels verlustig gegangen. Wegen ihrer besonderen Verdienste
in den Türkenkriegen, waren Otto von Blankennagel und sein Bruder, 1696, durch
Kaiser Leopold erneut geadelt worden.
Da die vier Söhne des Otto von Blankennagel, die als Offiziere in preußischen
Kriegsdiensten standen, hohe Spielschulden hatten, war der Vater gezwungen,
Haus Dölberg zu verkaufen, um die Ehre der Familie zu retten. Auch Haus Steinhausen
musste kurz vor 1800 verkauft werden, und kam so in die Hände des Kriegsrates von
Sudhausen zu Heidhof bei Hamm. Doch schon 1808 verkaufte er Steinhausen an
den Reichsfreiherren von Fürstenberg-Herdringen. Da mit dem Rittergut jedoch
kein Staat mehr zu machen war, veräußerte dieser Steinhausen bereits ein Jahr
später an bürgerliche Besitzer. Die Zeit als Adelssitz war für Steinhausen
endgültig vorbei.
Als ich Anfang der Neunziger Jahre Steinhausen erstmals besuchte, war es im
fortgeschrittenen Stadium des Verfalls, der von Jahr zu Jahr schlimmer wurde.
Ein abermaliger Besitzerwechsel, Ende der Neunziger, schien die Wende zu bringen.
Die durch den neuen Besitzer eingeleitete Grundsanierung der Gebäude, endete
vorerst 1999, durch den nächtlichen Brand des schon teilsanierten alten
Herrenhauses. Wie es weiter gehen soll, wird die Zukunft zeigen.
*) Nominaler Umrechnungskurs:
10 Reichst. = 1 Kölner Mark = 14 Vereinstaler á 3 Reichsmark,
1 Reichsmark = 20,- DM.
Quellen:
Thomas Spohn, „Ich habe einen Pfächtiger auf meinem Rittersitz"
Zur Bau-, Wohn-, Wirtschafts- und Lebensweise auf dem kleinen Adelssitz Haus
Steinhausen zwischen 1628 und 1712, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und
der Grafschaft Mark.
Liselotte Nieland, Der Reichshof Westhofen im Mittelalter. Sonderdruck, Fr.
Wilh. Ruhfus, Dortmund 1953.
Diedrich v. Steinen, Westf. Geschichte, VI. Stück, Geschichte des Reichshofes
und der Freiheit Westhofen
Diedrich v. Steinen, Westf. Geschichte, XII. Stück, Geschichte des Amtes Unna