Schwerter Eisenbahngeschichte
Die Chronik des Bahnhofs Schwerte 1909 - 1914, Teil II
Klaus H. Huhn
Nachdem die Bahnanlagen in Schwerte bis ca. 1906 in ihren wesentlichen
Bestandteilen und neuesten technischen Errungenschaften ausgebaut waren, gab
es aber auch im und um den Bahnhof Schwerte andere Ereignisse, über die
zu berichten ist:
Ein Eisenbahnunfall ereignete sich am Samstagabend, dem 5. Nov. 1906, im
Bahnhof zu Schwerte. Durch ein Versehen wurde ein Rangierzug auf ein mit
Arbeitswagen besetztes Gleis gefahren. Durch den heftigen Aufprall wurden
vier Güterwagen auf- und ineinander geschoben. Sie gingen in
Trümmer. Menschen kamen bei diesem Unfall nicht zu Schaden.
Im August 1909 jährte sich zum dreihundertsten Male die
Einverleibung der Grafschaft Mark zu Preußen. Anlässlich dieser
Feier stand auch der Besuch des Kaisers und seiner Gemahlin Auguste Viktoria
in Schwerte an. Für alle militärischen Vereine war es eine
besondere Ehre, bei Ankunft des Monarchen Spalier am Bahnhof zu stehen.
Diese Gelegenheit nahm nun der Regierungspräsident zu Arnsberg wahr, um
sich an der Starrhalsigkeit der Schwerter Vereine zu rächen. Diese
hatten im Jahre 1907 eigene Statuten, entgegen den Kieler Beschlüssen
und dem Regierungspräsidenten, verabschiedet. Kurzfristig wurde eine
Änderung der im Spalier stehenden Vereine verfügt. Die Vereine aus
Schwerte, welche dem Landeskriegerverband wieder beigetreten waren, standen
in den vorderen Reihen. Die Mitglieder des Schwerter Kriegervereins mussten
sich dementsprechend in den hinteren Reihen aufstellen. Der Verein
verzichtete daraufhin auf die Teilnahme und ging nach einem brausenden
dreimaligen "Hurra!" auf den Kaiser und dem Singen der Nationalhymne
auseinander. (G. Hallen)
Das Kaiserpaar selbst entschwand schnell über den für sie
ausgelegten roten Teppich in Richtung des Bahnsteiges. Als kurze Zeit
später der kaiserliche Hofzug abdampfte, war der Blitzbesuch des
Kaisers für die Schwerter Bevölkerung schon wieder vorbei.
Bautätigkeit und neue Strecken
|
Empfang des Kaisers am Schwerter Bahnhof, 1909 |
Die Neubaustrecke Schwerte - Iserlohn wurde am 30. Sept. 1910 feierlich
dem Verkehr übergeben. Der erste Personenzug erreichte um 12.30 Uhr aus
Iserlohn kommend Schwerte. Die prominentesten Fahrgäste an diesem Tag
waren die Gemeindevorsteher Althof, Schwarzelühr und der Amtmann
Overbeck aus Ergste. (vgl. AS Nr. 46)
Bereits wenige Tage nach der Eröffnung der Strecke Schwerte -
Iserlohn am 1. Oktober 1910 wurde für den bereits fertiggestellten
Bahnsteig III am 7. Okt. 1910 ein Wartehäuschen in Auftrag gegeben. In
diesem Zusammenhang ist hier auch das am 23.08.1910 geplante Häuschen
für die Zugabfertigung nach Dortmund zu erwähnen.
Die Bahnmeisterei 80 reicht am 24. Febr. 1911 einen Plan und Entwurf
eines Ölbunkers auf dem Gelände Flur III (Eckey - Bäcker) am
Ostberger Tunnel bei km 159,1 in Richtung Holzwickede, ein. Ich kann an
dieser Stelle nicht sagen, ob dieses Lager je gebaut wurde.
Mit der Fertigstellung des, aus Aplerbeck und Schwerte 1911 begonnenen
zweigleisig geplanten, aber zunächst eingleisig geführten,
Ostberger Tunnels war Schwerte im Jahr 1912 mit allen vier
Himmelsrichtungen, Hagen - Holzwickede, Iserlohn - Dortmund sowie Arnsberg
verbunden.
Während dieser Bautätigkeit mussten die Eisenbahnanlagen und
Bauten wegen Bergarbeitersstreiks auf der Schwerter-Heide geschützt
werden. So wurde der Bürgermeister Emil Rohrmann zu Schwerte in einem
Schreiben vom 8. März 1912 ersucht, die von der Arnsberger Regierung
gestellten Schutzkräfte wegen Streiks an anderen Orten abziehen zu
lassen und diese durch Bahnschutz- und örtliche Polizeikräfte zu
ersetzen.
Der KPEV (Königlich-Preußischer-Eisenbahn-Verein) in Essen
äußerte sich zum erstenmal am 6. Juni 1913 mit dem Aktz. 42 V
2185 annähernd positiv zu dem Haltepunkt Schwerter Wald auf der Heide.
Die Bahnverwaltung teilte mit, dass sie der Frage zu diesem Punkt erst nach
dem Ausbau des zweiten Gleises (nach Dortmund) näher treten kann.
Dieser interessante Aspekt der Haltestelle Heide ist in einem besonderen
Kapitel beschrieben worden. (AS Nr. 46)
Die Schwerter Zeitung berichtet am 7. Januar 1913, dass die
Verbindungsbahn, von der Abzweigung Block Heide bis zur Einmündung im
Grüntalbezirk auf die Arnsberger Strecke, für den
Güterverkehr fertig erstellt sei, und dass am "heutigen Nachmittag die
landespolizeiliche Abnahme durch den Regierungspräsidenten zu Arnsberg
erfolgen wird". Eine direkte Verbindung mit dem Ruhrgebiet und
Mitteldeutschland, in Verbindung mit dem Verschiebebahnhof in Geisecke, sei
nun durch diesen Bogen hergestellt. (vgl. AS Nr. 47)
Bahnhofswirtschaft und Feiern
|
Bahnhof Schwerte, um 1907 |
Auch für das Wohl der Reisenden war auf fast jedem Bahnhof durch
einen Gastwirt- oder Restaurantbetrieb gesorgt. So auch in Schwerte. Nun war
es aber in jenen Zeiten so, dass es noch keine einheitliche Rechtsprechung
für Bahnhofsgastwirte, deren Konzession und Sperrstunden gab. Teils
lagen die Räume innerhalb der Sperre (hiermit ist das Betreten der
Räumlichkeiten durch wartende Umsteiger gemeint), teils war das
Betreten nur von der Straße her möglich. Diese Teilung
führte natürlich zu Spannungen zwischen den Schankwirten und den
hiesigen Behörden. Wie weit ein Schwanken zwischen innerhalb und
außerhalb gehen kann, bewies der Fall des Bahnhofwirtes Ottlinghaus.
Die Familie Ottlinghaus war schon länger als 20 Jahre im Besitz der
Bahnhofswirtschaftskonzession zu Schwerte. Damals um 1893 gab es noch keine
Konzessionssteuer und auch keine Sperren. Später aber wurde der Bahnhof
Schwerte um- und neugebaut. Die Wartesäle kamen hinter die Sperre,
waren also nur für Reisende gedacht. Somit waren die guten alten Zeiten
erst einmal vorbei. 1910 wurden die Sperren wiederum so verlegt, dass jeder
Passant aus der Stadt, ohne eine Fahrkarte zu lösen, in die
Wartesäle gelangen konnte. Der Magistrat setzte nun eine
Konzessionssteuer auf 200,- Mark an. Gegen diesen Beschluss klagte
Ottlinghaus. Ein Vergleich wurde geschlossen. Ottlinghaus brauchte nur
zwischen 10 % und 15 % des geforderten Betrages an die Stadtkasse zu zahlen.
Am Dienstag 11. März 1913 wurde bekannt gegeben, dass die
Fertigstellung des zweiten Schienenstranges der Strecke Schwerte - Dortmund
endgültig bis September erfolgen soll. Für den gesamten
Streckenausbau waren 2.001.000 Mark vorgesehen. In dieser Rechnung war
allerdings auch die Streckenverbindung ab Block Heide bei Schwerte, in
Richtung Langschede mit eingeschlossen.
Auch kam in jenen Zeiten das kulturelle Leben der Eisenbahner nicht zu
kurz. Viele nicht offizielle, aber auch von Staats wegen angeordnete Feiern,
wurden gerne durchgeführt. So feierte der Verein Deutsche Eisenbahn
Oberbauarbeiter des Kaisers Geburtstag am 1. Febr. 1913 im
Westfälischen Hof zu Schwerte. Dem gegenüber traf sich der
Staatseisenbahn Verein zu einem gemütlichen Umtrunk im
überfüllten Saal des Herrn Lodenhöfer. Den Höhepunkt
bildete hier die Festrede des Oberbahnhofsvorstehers Petruschke und die
Überreichung der Gedenkblätter an die Jubilare Herrn Rechnungsrat
Eggers und Lokomotivführer Radermacher.
Die Prämien zum Dienstjubiläum für Bedienstete waren
damals in großen Sprüngen geordnet. So kam es vor, dass als
Gratifikation für eine 50jährige Zugehörigkeit 300,- Mark,
für eine 20jährige Dienstzeit jedoch nur 20,- Mark gezahlt wurden.
Aber auch dieser kleine Betrag stellte zu jener Zeit schon etwas dar. Ab
März 1913 erhielten die Bediensteten der KPEV für Entdeckung von
Schäden an Bahnanlagen und Betriebsmitteln einen kleinen Geldbetrag als
Anerkennung.
Auch machte der moderne Fortschritt vor dem Bahnhof nicht halt: Ab dem
28. März 1913 wurde im Bahnhof Schwerte eine öffentliche
Fernsprechanlage eröffnet. Diese befand sich jedoch in der
Güterabfertigung und es blieb den diensthabenden Beamten frei
überlassen, ob sie ein Gespräch vermitteln und gestatten wollten.
Zum 1. April wurde der Bahnmeister Fuchs, der den Abschnitt Block
Grüntal bis Langschede verwaltete, nach Solingen versetzt. Auch konnte
die gesamte Bahnmeisterei Geisecke wegen der gewaltigen Anlagen
(Verschiebebahnhof) in den Stand der Bahnmeisterei - Erster Klasse - erhoben
werden. Als Nachfolger des Herrn Fuchs betreute jetzt der Bahnmeister
Langwehr aus Schiebusch bei Köln, diesen Streckenabschnitt. (vgl. AS
47/99)
1913 - Die Wagen werden grün
Die Fahrplanumstellung des Winter - auf den Sommerfahrplan erfolgte zum
1. Mai. Zu diesem Zeitpunkt wurden durch die KPEV - Berlin sämtliche
Wagenklassen in die grüne Farbe umgesetzt. Die ersten Wagen dieser
neuen Farbgebung sind zwischen dem 6. Und 7. Mai im BW-Schwerte
eingetroffen. Es war ein esoterischer Fortschritt, denn die früheren
Gepflogenheiten, jede Wagenklasse mit einem besonderen Anstrich zu versehen,
entfielen nun. Auch bewährten sich die neuen weißen arabischen
Ziffern der Wagenklassen und dienten somit der schnelleren Orientierung der
Reisenden.
Glück im Unglück hatte der Rangiermeister Habig am 20. Mai
1913, als er von einem ausfahrenden Nachtzug erfasst, und 10 Meter
mitgeschleift wurde. Außer ein paar Hautabschürfungen und
leichten Knochenverletzungen erlitt er keinen weiteren Schaden. Dies war nur
dem Umstand zu verdanken, dass er direkt vor die anfahrende Maschine
gestürzt ist und zu liegen kam.
Auch in Schwerte konnten sich ab dem 22. Mai zu spät kommende
Reisende an der Durchgangssperre zu den Bahnsteigen (Fahrkartenkontrolle im
Bahnhof) einen Fahrausweis der Ausgangsstation ausstellen lassen, so dass
sie sich ein Billett im Zug nachlösen konnten.
Anlässlich des 25-jährigen Kaiserjubiläums wurden auch in
Schwerte am 14. Juli 1913 Sonderfahrkarten durch die KPEV an einem Sonntag
ausgegeben. Gleichzeitig erfolgte die Mitteilung, dass jedem Unteroffizier
vom Feldwebel abwärts, ab dem 1. Oktober in jedem Dienstjahr eine freie
Heimfahrt, hin und zurück, auf dem Eisenbahnnetz innerhalb des
Deutschen Reiches zustehe. Im Jahre 1913 konnte diese Vergünstigung
aber nur der Hälfte aller Unteroffiziere und Gemeinen zugeteilt werden.
Am Freitag dem 15. August 1913 verkündete die Schwerter Zeitung,
dass erst 30 Fahrkarten für die Sonderfahrt von Schwerte nach Sanssouci
(Hönnetal) verkauft wurden. Es wird aufgerufen doch reichlich Gebrauch
zu machen, da die Verwaltung die Karten nicht zurück geben kann.
An der Ausfahrt nach Wandhofen liefen am 18. Okt. 1913 abends, einem
ausfahrenden Güterzug eine Anzahl Wagen aus einem Nebengleis in die
Flanken, wobei zwei von den ablaufenden Wagen entgleisten. Der
Materialschaden war erheblich. Menschen sind glücklicherweise nicht
verletzt worden. Der Betrieb wurde nicht gestört.
Im Monat September erhielt der Schwerter Bahnhof auf der nördlichen
Seite ein weiteres Paar an Rangiergleisen. Nach Fertigstellung des
Bahnkörpers und der Gleismontage überspannten den Holzener Weg im
Bahnhofsbereich 20 Gleispaare. Somit war die gesamte Breite der
Unterführung auf dem Weg nach Holzen ausgenutzt.
Zum selben Zeitpunkt wurde das zweite Brückenteil für den
zweigleisigen Ausbau der Strecke Schwerte - Dortmund an der Bergischen
Straße montiert. Das neue Gleis überspannte hier die
Verbindungsstrecke Arnsberg - Güterbahnhof Schwerte. Bei einer
Länge von 40 Metern musste der Oberbau ohne Unterstützung von
Säulen und Pfeilern die dreifache Höhe bekommen, verglichen mit
den anderen drei Brückenteilen mit einer Überspannung von 25 Metern.
(Mit dreifacher Höhe ist die Stahlkonstruktion ab Gleishöhe
gemeint). Die Absenkung der Brücke auf ihr Widerlager erfolgte in der
letzten Septemberwoche. Das zweite Gleis, Schwerte - Dortmund, konnte
pünktlich zum 1.10.1913 dem Fahrbetrieb übergeben werden.
Im Rahmen dieser Neubauarbeiten wurde auch eine Verlängerung der
Futtermauer an der Bergischen Straße im Februar 1914 notwendig.
Am 6.11.1913 war aus der Schwerter Zeitung zu entnehmen, dass auch ab
Schwerte Kälteschutzwagen wegen der einsetzenden harten Winterzeit
beladen werden können. Zusätzliche Gebühren werden nach
Auskunft der Güterabteilung nicht erhoben.
Auch schon im Jahre 1913 waren die Wintersportzüge in Richtung
Winterberg und Lüdenscheid sehr beliebt und erfreuten sich reger
Nachfrage. In dieser Zeit konnten auch die neuen Personenwagen mit den
riemenlosen Fensterhebern ab dem 27. Dez. 1913 auf diesen Strecken
eingesetzt werden.
Im Wirtschaftsjahr 1913 waren auf unserer Bahnstation 278.156 Tonnen
Wagenladungen empfangen worden. Dem gegenüber wurden 110.748 Tonnen
versandt. An Stückgut sind hier 6.509 Tonnen eingegangen, sowie 10.093
Tonnen verladen worden.
|
1914 - Vorkriegsereignisse |
|
Das Jahr 1914 begann zunächst für die wartenden Reisenden in
den Bahnhofsgaststätten erfreulich. Die Preise alkoholfreier
Getränke, welche über den Preisen des Bieres und der Spirituosen
lagen, wurden durch die öffentliche Verwaltung herabgesetzt. Auch wies
die Eisenbahnverwaltung ihre Direktionen an, dies auf das Strengste zu
kontrollieren.
Der erste schwere Unfall in diesem Jahr ereignete sich am 10.03.1914, als
ein Rottenarbeiter von einer rangierenden Lokomotive unweit der
Unterführung an der Schützenstraße erfasst wurde. Der Mann
verstarb noch an der Unfallstelle.
Zu der inzwischen notwendigen Erweiterung der Unterführung am
Grüntal (Ostberger Straße, Ecke Quickspring) wurden am 16.03.1914
mehrere Angebote eingereicht. Die Spanne der Offerten betrug bis zu 100 %.
An dieser Ausschreibung beteiligten sich Firmen aus Dortmund, Letmathe,
Schwerte und Hagen.
Die Schwerter Zeitung berichtet am 30.03.1914, dass der Güterverkehr
nicht wesentlich nachgelassen hat. Der Bezug von Hausbrandkohlen dürfte
derzeit wohl unbedeutend sein, so dass in Schwerte andauernd Kohle- und
Kokswagen abgestellt werden müssen. In diesem Zusammenhang wurde am 22.
April schon über einen drohenden Krieg im Westen geschrieben.
Der Bahnhofswirt wurde am 23. April darauf hingewiesen, dass die
Gebühr auf der Bahnhoftoilette, sowie für das Reinigen der
Hände möglichst gering zu halten ist.
Am 3. Mai 1914 feierten die Eisenbahnhandwerker und -arbeiter ihr
fünftes Stiftungsfest im Korded'schen Lokal (Kampstr. 20). Die Feier
war auf das Beste vorbereitet. Es wurden Konzerte, feierliche
Aufführungen und Tanz geboten.
Im weiteren Verlauf des Monat Mai wurde darauf hingewiesen, dass
Eisenbahner mit einjähriger Zugehörigkeit zur Bahn und die
außerdem Familienernährer sind, für die Teilnahme an
militärischen Übungen 2/3 ihres Lohnes weiter ausgezahlt bekämen.
Um Pfingsten, am 30. Mai 1914, wurden Sonderzüge eingesetzt, welche
zehn Minuten vor Abfahrt der regulären Züge fuhren. Diese
Züge waren mehr als überfüllt. Das Bahnpersonal hatte in
diesen Tagen einen schweren Stand.
Glück im Unglück hatte der Rangierer Otto H. am Samstag 29.
Mai, als er beim Ankuppeln der Wagen zwischen die Kuppelstangen geriet und
leichte Verletzungen am Kopf davontrug.
Die beiden Eisenbahnprojekte Schwerte - Löttringhausen, sowie die
Strecke Schwerte-Ergste-Letmathe wurden mit dem 20. Mai 1914 endgültig
eingestellt. (vgl. AS 46/99)
Mit Einführung des Sommerfahrplans 1914 wurde auch der Arbeiterzug
Schwerte - Iserlohn Abfahrt 6.00 Uhr in Kraft gesetzt. Die Arbeiter aus
Schwerte, Ergste und Hennen begrüßten dies freundlich.
Noch fünf Tage vor Ausbruch des I. Weltkrieges wurde in unserer
Stadt an der Ruhr und dem gesamten Kaiserreich eine schwache und flaue
Güterbewegung festgestellt. Auch über eine Personaleinsparung
wurde nachgedacht. Ebenso musste jede Einstellung von Hilfskräften
gesondert genehmigt werden. Während die Schwerter Zeitung in den ersten
Kriegstagen über eine rege Kriegsberichterstattung schreibt, bleibt die
Eisenbahngeschichte in Schwerte unerwähnt. Lediglich am 1.08.1914 wurde
noch berichtet, dass die ersten neuen Personenwagentypen in Schwerte
eingetroffen seien.
|
Berichte aus dem Kriegsjahr 1914 |
|
Aus kriegsbedingten Gründen wurde schon in der ersten Augustwoche
der wirtschaftliche Güterverkehr des Handel im gesamten Kaiserreich
völlig eingestellt. Sondergenehmigungen der Schwerter Kaufleute und
Händler wurden von den Militäreisenbahnbehörden von
vornherein abgelehnt und nicht genehmigt. Am 17.08.1914 trat mit dieser
Bestimmung der neue Militärfahrplan in Kraft.
Bereits am 27.08.14 gab die Königliche Eisenbahndirektion durch
Aushang bekannt, dass der freie Güterverkehr wieder aufgenommen wurde.
Zulassungs- und Annahmescheine brauchten nicht mehr beigebracht werden. Eine
Annahmeverpflichtung bestehe aber auch weiterhin nicht. Eine Bereitstellung
bestimmter Wagengattungen bestehe ebenfalls nicht. Gesperrt bleibt weiterhin
der Verkehr mit den linksrheinischen Gebieten.
Ende August 1914 berichtet die Schwerter Zeitung über
Gefangenentransporte, welche in der Hauptsache zur Nachtzeit vom Bahnhof zur
Heide durchgeführt wurden. In einem dieser Transportzüge, welche
Schwerte durchfuhren, befanden sich auch der Bürgermeister und der
Kommandant von Namur. Der erst genannte weigerte sich, sein Amt im deutschen
Sinne des besetzten Gebietes zu versehen. Ab 30.09.14 traten für den
gesamten Güterverkehr wieder die allgem. gültigen
Friedensbestimmungen in Kraft.
In den Oktobertagen machte sich ein Wagenmangel bemerkbar.
Güterzüge wurden sonntags wie werktags gefahren. Dieser Mangel zog
auch dementsprechend Nachteile für die Kohle- und Stahlindustrie nach
sich. Als Ausgleich trafen am 21.10.1914 aus der Kriegsbeute die ersten
französischen und belgischen Güterwagen als Ersatz für die
fehlenden offenen und gedeckten Waggons in Schwerte ein.
Den neuen Winterfahrplan konnte man ab dem 1.10.1914 an den
Fahrkartenschaltern für 35 Pf. käuflich erwerben. Die Züge
sollten nach diesem Fahrplan wieder wie in Friedenszeiten verkehren.
Aber nicht nur Schreckensnachrichten sind aus dieser Zeit zu berichten.
So ist auch überliefert, dass der König von Sachsen am 4. Dezember
1914 auf seiner Reise auch den Schwerter Bahnhof passierte. Der König,
welcher in Zivil war, kam mit dem planmäßigen D-Zug kurz nach
15.00 Uhr aus Leipzig auf unserem Bahnhof an. Während des
10-minütigen Aufenthaltes vertrat sich dieser auf dem Bahnsteig die
Beine.
Das Jahr 1914 endete für den Bahnhofsvorsteher Rommel mit der
silbernen Dienstauszeichnung. Sie wurde von seiner Majestät dem Kaiser
selbst verliehen.
Fortsetzung folgt
mit freundlicher Unterstützung des Stadtarchivs und der
Stadtbücherei Schwerte
unter Verwendung der Quellen:
G. Hallen Aus dem Ruhrtal einst und jetzt: Der Kaiser