Ein Amerikaner
in Ungarn
Buntes aus der Welt des Paprika


Paprika ist der "fromme Bruder" des Chili. Er sieht auch gleich "viel gesünder" aus. Die Schoten sind größer, dicker, pausbäckig. Die Farben des halben Regenbogens gibt es als Paprikaschoten: grün in allen Schattierungen, gelb, sanftes Rot, leuchtendes Rot, schließlich ein Signalrot, das "Vorsicht!" schreit. - Früher hat das wohl gestimmt, längst aber hat man feuerrote Paprikaschoten gezüchtet, die mild und süß sind und sogar als Babyschonkost taugen.

Vom Indischen Pfeffer zum ungarischen Nationalsymbol...

Der Paprika ist ein gebürtiger Amerikaner, genauer gesagt: er kommt aus den heißen Regionen Mittel- und Südamerikas. Eine der Kolumbus-Expeditionen brachte ihn mit nach Spanien. Man hat ihn dort jedoch nicht gegessen, sondern mit "Genuß" betrachtet und sogar in Prunkgärten angepflanzt.

Damals glaubten die Spanier ihrem Kolumbus noch, daß er Indien entdeckt habe, und nannten den Paprika daher Indischen Pfeffer, später dann Spanischen Pfeffer. Sprachforscher versichern, daß der Name Paprika um sieben Ecken herum die Verballhornung eines indischen Wortes für Pfeffer sei.

Ende des 16. Jhdts. gelangte der Paprika nach Ungarn, wo er zunächst Türkischer Pfeffer hieß. Die Ungarn - ihr richtiger Name ist Magyaren - sind ein aus dem Inneren Asiens zugewandertes Volk. Verwandt mit den Finnen (Suomi) gehören die Ungarn zum ugrischen Zug der finnischugrischen Sprachgruppe.

Eben diese Ungarn also bemächtigen sich des roten Nachtschattengewächses mit solcher Leidenschaft und Phantasie, daß man sich gar nicht ausmalen mag, wie sie sich zuvor ohne ihren liebään Popriko verköstigt hatten.

Die entschärfte Vitaminbombe...

Heute liefert die Paprika-Staude zwei Produkt-Typen: ein ungefähr ziegelrotes Pulver unterschiedlicher Schärfe und Süße, sowie die Frischware, den Gemüsepaprika: eine geballte Ladung an Vitaminen und Mineralien (Vitamin C, Kalzium, Kalium, Eisen).

Selbstverständlich glaubt ein leidenschaftlicher Ungar, daß Paprika gleich ins Blut geht und rundum feurig macht. Der hohe Gehalt an Vitamin C ist wissenschaftlich belegt. Beweise für seine Verdienste um das magyarische Liebesleben stehen aber noch aus.

Früher war die Paprikaschote ziemlich scharf. Die Ungarn mochten sie so, die Österreicher nebenan - na ja. Die Deutschen aber, die schnappten gleich nach Luft! Die feurige, die umwerfend temperamentvolle Paprikaschote, die nicht nur mit Schweinefleisch, Majoran, Knoblauch und Zwiebel, sowie der ungarischen Schmiere No. 1, dem Schweineschmalz, gefüllt war, sondern auch mit einem schönen Gruß aus Szegedin: mit Csardas und Puszta, - die gibt es nicht mehr.

Fünfmal Gulasch, bittä...

Gulasch ist ungarisch und heißt eigentlich Gulyas. In seinen Ursprüngen ist es ein Gericht, das von Hirten zubereitet wurde, die die riesigen Viehherden in der Ebene zwischen Theiß und Donau hüteten. Gemeint sind fünf verschiedene Gulaschgerichte. Das bekannteste für uns ist wohl der Szegediner Gulasch, genannt nach der im Südosten Ungarns gelegenen Stadt Szeged an der Theiß (Tica).


Szegediner Gulasch

Zutaten für das Gulasch:
1 kg Schweineschulter, nicht ganz mager
1 kg Zwiebeln
100 g Schweineschmalz
2 TL gemahlener scharfer Paprika
2 Knoblauchzehen
Salz
Zutaten für das Sauerkraut
500 g Sauerkraut
50 g Schweineschmalz
2 Lorbeerblätter
Salz
etwas Zucker
15 Wacholderbeeren
1 TL ganzer Kümmel
außerdem:
1 Tasse saurer Rahm

Zubereitung:

Schweineschulter und Zwiebeln in Würfel schneiden und mit dem Schweineschmalz dunkelbraun rösten. Paprika, Knoblauch und Salz zugeben und sparsam mit Wasser aufgießen.

Das Sauerkraut separat zubereiten: Das Kraut im Schweinefett andünsten, salzen, zuckern und die Gewürze hinzufügen.

Gulasch und Kraut (ohne Krautsaft) mischen, den Rahm daruntergeben: Aaah!!!

Gestandene Ungarn behaupten, daß der von Haus aus feurige Gulyas zweimal höllisch brennt: "Wann er hineingeht in Körper und wann er ihn verläßt!" (Hugo Hartung: Ich denke oft an Piroschka). Dem Paprika sei dank!

Der Schriftsteller Hugo Hartung hat als Austauschstudent in den Jahren 1922/23 das Land zwischen Donau und Theiß ausgiebig kennengelernt und seine Eindrücke authentisch in seinem Piroschka-Roman wiedergegeben. Bei den täglichen Mahlzeiten und vor allem bei den vielen Festlichkeiten geht nichts ohne Paprika, - man spricht über einen horrenden Verbrauch!

Sicherlich ließe sich über den vorzüglichen Paprika und das Verhältnis der Ungarn zu ihm noch vieles berichten. Der Verfasser dieser kleinen Darstellung, der das schöne Land Ungarn von längeren Aufenthalten kennt, kann den Lesern nur empfehlen, das Land zwischen Donau und Theiß, vor allem aber auch das Gebiet um den Balaton (Plattensee), die ungarische Reviera, selbst einmal zu besuchen. Für schmackhaftes Essen - mit viel Paprika - ist dank der exzellenten Gastfreundschaft bestens gesorgt. Und natürlich darf auch eins nicht fehlen: Kerem etsch Pochat hidak Bor - Kössenem säpen! (bitte ein Glas kühlen Wein - Vielen Dank!)
(Werner Norbeteit)



"Gewürze und Genüsse" aus heissen Ländern - lautet eine Jahresgabe - erschienen 1974 im Verlag "Mensch und Arbeit", München.
Friedrich Müller befaßt sich hier u.a. mit dem Paprika - seiner Herkunft und den vielfachen Verwendbar keiten.