Die Ernährung älterer Menschen 
von Ursula Ackermann

Die Ernährung des alternden Menschen hat ohne Zweifel weiter an Bedeutung gewonnen, weil der Anteil der Älteren im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung stark zugenommen hat. Durch neuere medizinische Erkenntnisse ist die Früherkennung von Krankheiten und damit auch die Heilungschance erheblich gestiegen. Hinzu kommt eine verbesserte Betreuung, sei es in Krankenhäusern oder auch im privaten Bereich, so daß die Lebenserwartung deutlich größer geworden ist. Die Menschen über 50 Lebensjahre machen bereits 1/3 der Gesamtbevölkerung aus. Während früher oft der Geldbeutel verhinderte, daß zu gut und üppig gegessen wurde, haben wir es heute eher mit dem Gegenteil zu tun. Die mageren Ernährungszeiten des letzten Krieges und die ersten Jahre nach 1945 haben zahllosen Menschen ein weiteres Lebensjahrzehnt geschenkt. Krankheiten wie z.B. erhöhter Blutdruck, Herzinfarkte, Gicht- oder Zuckerkrankheit waren eine Rarität und stiegen plötzlich an, als Wohlstand, Bewegungsmangel (durch zu viel Autofahren), Übergewicht und Fehlernährung einsetzten.

Auch steht den meisten Rentnern heute genügend Geld zur Verfügung, um sich aus dem Riesenangebot nach Herzenslust zu versorgen. Gerade das aber birgt die Gefahr der fehlerhaften Ernährung in sich. Der alternde Mensch braucht nun längst nicht mehr so kalorienreiche Nahrung wie in den jüngeren Jahren. Sie führt im Gegenteil zu mancherlei Beschwerden - wie vorher bereits erwähnt - die bei sachgemäßer Ernährung gar nicht hätten aufzutreten brauchen. Stoffwechselbedingt ist jetzt im Alter eine gut verdauliche, eiweißreiche Ernährung wichtig. Der ältere Mensch benötigt täglich ca. 1,2 - 1,5 g pro kg Körpergewicht. Tierisches und pflanzliches Eiweiß sollten zusammen verzehrt werden. Dadurch kommt es im Körper des älteren Menschen zu einer günstigen Auswertung.

Milch- und Milchprodukte sind die wichtigsten Lieferanten für Calcium. Die wünschenswerte tägliche Versorgung liegt bei 800 mg Ca. Vielen Knochenbrüchen oder krankhaften Skelettverformungen älterer Menschen wäre durch eine regelmäßige und rechtzeitige gute Versorgung mit Calcium sicher vorzubeugen gewesen.

Beim Einkauf von Fleisch und insbesondere Fleischerzeugnissen (z.B. Wurst) muß darauf geachtet werden, daß mehr oder weniger viel Fett "unsichtbar" enthalten ist. Für den älteren Menschen sollten wir diejenigen Produkte bevorzugen, die fettarm angeboten werden. Fleisch und besonders Innereien sollten nicht zu häufig auf dem Speiseplan stehen, denn mit zunehmendem Alter erhöht sich bei vielen Menschen der Blutfettspiegel und der der Harnsäure. Gerade Innereien sind reich an Cholesterin und Harnsäure. Die Folge sind dann Gicht- und Gelenkerkrankungen.


Wenn wir vom Fleisch jetzt zum Fisch schauen, so müssen wir feststellen, daß gerade Fisch bei der Ernährung eine wichtige Rolle spielt. Dank seiner feinen Gewebestruktur ist er leicht verdaulich und hat - je nach Fischart - wenig oder kein Fett. Allerdings sollten Gerichte aus mageren Fischsorten durch geeignete Zubereitung im Sättigungswert ergänzt werden. Fisch ist neben Eiweiß reich an Mineralstoffen und Spurenelementen.

Wichtig für die Ernährung älterer Menschen sind die vielen Brotsorten. Wir müssen bei der Auswahl bedenken, daß das Brot einen um so höheren gesundheitlichen Wert hat, je mehr es Teile des vollen Getreidekorns enthält. Vollkornprodukte sind auch reich an Cellulose, die als Ballaststoff zu einer geregelten Verdauung beiträgt.

In den Speiseplänen muß auch unbedingt die Kartoffel als Mineralstoffspender und als Lieferant für Vitamin C und B1 vorkommen. Unbedingt nötig ist das Gemüse, das zu den relativ kalorienarmen Lebensmitteln zählt. Es enthält von Natur aus kein Fett, nur wenig Eiweiß und Kohlehydrate in Form von Cellulose und viel Wasser. Im Gemüse sind die Mineralstoffe und Vitamine, die der Körper täglich neu braucht.

Als erfrischende und belebende Kost muß täglich Obst verzehrt werden. Sein Wert für eine gesunderhaltende Kost liegt im günstigen Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Obst enthält auch viele Kohlehydrate in Form von verschiedenem Zucker. Der mit den Früchten aufgenommene Zucker ist für den älteren Menschen ein schneller Kraftspender.

Wenden wir uns noch kurz den Fetten zu. Sie sind die wichtigsten Energielieferanten. Richtig und wichtig wäre, wenn der alternde Mensch höchstens 60 - 70 g Fett zu sich nehmen würde. Zu viel Fett in der Nahrung lagert der Körper ebenso wie zu viele Kohlehydrate vor allem in Zuckerform als Fettgewebe an. Übergewicht und Fettsucht werden dadurch begünstigt. Diabetes, Gicht, Bluthochdurck, Herz- und Kreislaufkrankheiten können die Folge sein. Bei den üblichen Verzehrgewohnheiten wird bereits die Hälfte der erlaubten Fette als verborgenes Fett in den gekauften Speisen aufgenommen. Es bleibt wirklich nur noch eine kleine Menge Fett für die Zubereitung der Speisen und als Brotaufstrich übrig. Es sollten nur Fette mit einem möglichst hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure) eingesetzt werden.

Bei der Kostzusammenstellung für den älteren Menschen müßte der Zucker fast fehlen. Zucker, und ebenso die zuckerhaltigen Nahrungsmittel, steigern die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse wie kein anderes Lebensmittel. Zucker erhöht den Blutfettgehalt und wirkt ungünstig auf die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Schlimm auch hier - wie bei den versteckten Fetten - die vielen unbekannten Zuckermengen in den Erfrischungsgetränken usw..

Zum Alkohol muß noch gesagt werden: Ein hoher Alkoholgehalt bedeutet einen hohen Kaloriengehalt. Er führt zu einem Überschuß in der Energiezufuhr und damit wieder zum Übergewicht. Für den älteren Menschen mit meist nachlassender körperlicher Aktivität und Beweglichkeit bedeutet Alkohol eine große Belastung für die Gesundheit.

Ab und zu ein Gläschen mit Maßen genossen schadet bestimmt nicht, ungesund ist nur, was zu viel getan wird.

Erwähnen möchte ich noch, daß über den Wert einer Kost für die Gesunderhaltung des Menschen die Zubereitungsart entscheidet. Veraltete Kochmethoden und unzweckmäßig eingesetzte Geräte können eine sorgfältige Auswahl und teuer bezahlten Nahrungswert schnell zunichte machen. Bei Verwendung richtiger Kochgeräte ist ein Garen fast ohne Wasser und Fett möglich. Dadurch bleiben Mineralstoffe und Vitamine erhalten. Besser sollten Küchenkräuter und natürliche Gewürze anstelle von Salz und Pfeffer eingesetzt werden. Die tägliche Kost sollte also möglichst vielfältig und abwechslungsreich sein. Fünf kleinere Mahlzeiten - über den Tag verteilt - beugen eher einem Übergewicht vor, als die gleiche Kalorienmenge mit drei großen Mahlzeiten. Die Tageskalorienmenge beläuft sich für ältere Menschen - je nach Aktivität - von 7.500 - 10.000 KJ.

Das Frühstück ist das Sprungbrett für den Tag. Daher können wir für das 1. + 2. Frühstück ca. 1/3 der Tagesration anrechnen, 1/3 für das Mittagessen und das letzte Drittel für Kaffee und Abendbrot. Bei manchen Menschen empfiehlt es sich, noch eine Kleinigkeit als Spätmahlzeit kurz vor dem Schlafengehen zu nehmen.

Ältere Menschen sollten sich - neben einer richtigen und ausreichenden Ernährung - viel an frischer Luft aufhalten und sich gemäß ihren Kräften und ihrem Können aktiv am Leben beteiligen.

Nachstehend ein Tageskostplan mit ca. 7.900 KJ als Vorschlag für einen gesunden Herrn, Alter 65 Jahre, 170 cm groß, 70 kg Körpergewicht:

1. Frühstück - 1.670 KJ

20 g Knäckebrot, 50 g Mischbrot, 10 g Butter, 10 g Honig, 25 g Schnittkäse, 5 g Malz- bzw. Bohnenkaffee, 10 g Dosenmilch.

2. Frühstück - 742 KJ

150 ccm Milch und 20 g Cornflakes.

3. Mahlzeit - Mittagessen - 1877 KJ

50 g Chicorée als Salat, Gewürze, Pr. Salz, Zitronensaft, Kräuter.
100 g Hasenrücken, 5 g Öl, Gewürze, Tomate, Zwiebel, Wacholderbeeren.
Das Hasenfleisch 1-2 Tage in Magermilch einlegen, Öl erhitzen, das Fleisch mit Zwiebel und Tomate darin anbraten. Die Gewürze hinzufügen, auffüllen mit nicht zu viel Flüssigkeit und garschmoren.
Möhrengemüse: 150 g Möhren, 3 g Butter, Gewürze, Petersilie.
Kartoffeln: 100 g mit Kümmel im Dampf gegart.
Apfelmus: aus 100 g Äpfel, 10 g Zucker, etwas Zitronensaft.

4. Mahlzeit - Nachmittagskaffee 897 KJ

40 g Weißbrot, 5 g Butter, 5 g Malzkaffee, 10 g Dosenmilch.

5. Mahlzeit - Abendessen - 2384 KJ

Omelett: 2 Eier, 5 g Zucker, 5 g Maizena, 50 g Preiselbeerkompott, 1 ½ Teel. Öl,
30 g Knäckebrot, 10 g Butter.
Quark pikant dazu: 50 g Quark mit Paprika und Schnittlauch.
1 Glas Rotwein

6. Mahlzeit - Spätmahlzeit - 339 KJ

1 Apfelsine - ca. 150 g

Von Ernährungswissenschaftlern sowie von uns selbst wissen wir, daß unsere Nahrung nicht dazu da ist, unseren Körper nur "auszustopfen". Sie soll der Kraftstoff sein, der unseren Körper in Betrieb hält und Träger für die Zündkerzen, die unseren Motor erst in Bewegung zu bringen vermögen.

Der Mensch ist, was er ißt - sagt ein altes Sprichwort.