Wer von uns Katzen-Narren hat nicht schon ein kleines, süsses Bündel, ein Kätzchen, in den Armen gehalten? Dabei tauchen auch Bilder von der treuen, alten Mausekatze oder vom verschlagenen Kater von "nebenan" auf - beide, in unserer Erinnerung, als kleine Raubtiere... So oder so, jede Katze, ob jung oder erwachsen, bleibt ein Wunder in ihrer Art!

Ich habe mich von meinem Büsi nicht nur faszinieren lassen, sondern ich habe mir nach interessanten Beobachtungen verschiedene Literatur über Katzen zur Hilfe genommen, um Antworten auf einige "Katzen-Geheimnisse" zu finden.

Im Spiel, bei Neckereien oder beim Schmusen mit unseren vertrauten Samtpfötchen, kommen wir unweigerlich auch mal mit den schmucken Schnurrhaaren (der Zoologe spricht von "Vibrissen") in Berührung, ohne viel über dieses Phänomen zu wissen. - Mit der Äusserung des Schnurrens haben die Vibrissen aber nichts zu tun.

Tastsinn

Mehr oder weniger haben wir schon beobachtet, dass Gegenstände von den Katzen mit den Schnurrhaaren betastet werden. Katzen besitzen tatsächlich mit ihren "Barthaaren" ein Tastinstrument von höchster Feinheit und Präzision, so daß man ohne Übertreibung hier von den "Fingern" der Katze sprechen könnte.

An den Haarwurzeln befinden sich Nervenfasern, die alle Berührungen der Schnurrhaare wie "Antennen" empfangen. Sie sprechen auf geringste Reize an und übermitteln damit ganz exakte, wichtige Nachrichten, die zum Beispiel in der Dunkelheit unentbehrlich sind.

Orientierungshilfe

Wie "Fühler" sind die Schnurrhaare beim Gehen seitlich gespreizt. Zusammen mit den Spürhaaren über den Augen, den Tasthaaren am Kinn und an den Backen, bilden diese mit den scharfen Augen ein regelrechtes Orientierungssystem.

Vervollständigt wird es durch die Fühlhaare an den Unterarmen und der Innenseite der vorderen Fußwurzeln.

Die Schnurrhaare zeigen der Katze Hindernisse an, welche sie dann, je nach Möglichkeit, umgehen kann.

Man sagt, daß bei seitlich ausgestreckten Schnurrhaaren die empfindlichen äußeren Enden etwa die Körperbreite der Katze markieren und ihr so die Durchschlupfbreite signalisiert wird. Natürlich kann dies noch nicht für junge Büsis gelten, weil die Bartborsten noch wachsen, auch bei überfütterten Katzen mit einem seitlich gewölbten Fettbäuchlein gilt diese These nicht.

Manchmal bleiben Katzen trotz der "Antennen" in einem zu engen Durchschlupf stecken. Vermutlich handelt es sich dann um ein unerfahrenes Tier, denn die Katze muß auch lernen, ihre Fähigkeiten einzusetzen, wie alle höher entwickelten Tiere; sie muß lernen, durch Versuch und Irrtum.

Stimmungsbarometer

Sind die Schnurrhaare vor allem zuerst Organe, die dem Tastsinn dienen, so geben sie auch Auskunft über die gegenwärtige Stimmung:

Breitgefächert signalisiert Aufmerksamkeit und schnelle Aktionsbereitschaft; seitwärts gerichtet und weniger gespreizt drücken sie Zufriedenheit und Behaglichkeit aus; schmal zusammen und nach hinten gelegt ist es eher ein Ausdruck von Zurückhaltung, der sogar Scheu und Ängstlichkeit nicht ausschließt.

Hochsensible Wahrnehmungsorgane

Die prächtige Sinnenausstattung hat sich in Millionen von Jahren entwickelt. Vieles wurde untersucht, aber nicht alles konnte beantwortet werden.

Es wurde schon erwähnt, daß sich an den Haarwurzeln Nervenfasern befinden, d.h. vier verschiedene Arten von Sinneszellen.

Die von diesen übermittelten Erregungsdaten werden auf außerordentliche Weise in verschiedenen Hirngebieten ausgewertet. Die Katze ist dadurch in der Lage, Grad, Richtung, Geschwindigkeit, Dauer und gegebenenfalls auch den Rhythmus der Ablenkung aus der Normalstellung einer bestimmten Vibrisse wahrzunehmen.

Untersucht man nun das Zusammenwirken der verschiedenen Sinnesgebiete näher, stößt man auf eine scheinbare Ungereimtheit: Wenn man einer Katze die Augen verbindet, findet sie eine Maus allein nach dem Gehör, und sobald sie sie dann mit den Vibrissen berührt, beißt sie zu. Beraubt man sie aber zusätzlich der Vibrissen, so kann sie die Maus auch nach dem Gehör nicht finden, obwohl sie es ja zuvor konnte und die intakten Vibrissen daran nicht beteiligt waren. Über den Grund kann man bisher nur spekulieren. (Prof. Dr. Paul Leyhausen)

Mit der Schilderung von Prof. Leyhausen wird sehr deutlich, welche Wichtigkeit die Vibrissen haben. Ein Ausfall stört die Weitermeldung an die Sinne, und das kann sogar bis zur Verwirrung führen, auch weil Meldungen an noch funktionierende Sinne nicht mehr "für wahr" genommen werden.

Man hat auch Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen beobachtet. Keiner Katze darf also auch nur ein Härchen gekrümmt werden und schon gar keines ihrer Schnurrhaare!

Die wichtigen Wahrnehmungsorgane, die Schnurrhaare einer Katze, machen außerdem jedes Büsi zu einer anmutigen Schönheit!

Gerburg Wübbenhorst / Illnau bei Zürich