"Leas' Dir eine Oma!"
Das "Leasen" von Autos und Produktionsmitteln ist heutzutage aus dem
Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken und hat sich bewährt. Aber warum
zum Teufel soll man sich eine Oma oder einen Opa "ausleihen"?
Die Idee, die dahintersteckt, ist denkbar einfach. Berufstätigen Eltern
und Alleinerziehenden mangelt es oftmals an erfahrenen und verläßlichen
Betreuern für ihre Sprößlinge, während sie ihrem Broterwerb nachgehen
müssen. So sind nicht überall Kindergärten mit Ganztagsbetreuung
vorhanden. Andererseits suchen ältere Menschen eine Aufgabe und Kontakte
zu Kindern, wenn die eigenen Enkel fehlen oder weit entfernt leben.
Warum sollte man da nicht beide Seiten zusammen bringen?
Vor sieben Jahren hat sich daher das Seniorenzentrum Weststadt in
Heidelberg der Problemstellung angenommen und als einer der ersten den
"Paten-Oma-Dienst" ins Leben gerufen.
Hierüber berichtet in der Dezemberausgabe der KDA-Quartalszeitschrift
"pro ALTER" Christoph Ruhkamp. Mittlerweile gibt es solche
"Großelterndienste" in allen größeren Städten Deutschlands. Diese
Großelterndienste vermitteln Treffen zum Kennenlernen und
Erfahrungsaustausch zwischen den Leihomas und Opas und den Eltern und
Kindern. Den Organisatoren geht es hierbei nicht um eine reine
Babysittervermittlung, sondern um langfristige Kontakte, vor allem
zwischen Alleinerziehenden und Senioren, suchen doch die Mütter oftmals
einen erfahrenen älteren Ansprechpartner. Es geht ihnen zumeist nicht
nur um die Versorgung und Beaufsichtigung der Kinder, sondern sie suchen
den sozialen Kontakt zu den "Leihgroßeltern", als Bezugspersonen für
ihre Kinder.
Zumeist kümmern sich ältere Ehepaare um ihre neuen "Enkel". In
Heidelberg betreuen so 30 Senioren und Seniorinnen etwa 60 Kinder, die
nicht ihre leiblichen Enkel sind.
Die Nachfrage ist leider überall größer als das Angebot. So stapeln sich
allein beim Großelterndienst des Berliner Frauenbundes nahezu 200
unerfüllte Anträge berufstätiger alleinerziehender Mütter und Väter.
Solche "Leasing-Großeltern" sind in der Regel recht preiswert. So
kostet eine Leih-Oma oder Opa beim Großelterndienst des Berliner
Frauenbundes 8 Mark pro Stunde. Davon gehen 7,80 DM an die
"Ersatzgroßeltern" und 20 Pfennig an den Frauenbund.
Das Heidelberger Seniorenzentrum dagegen schlägt eine
Aufwandsentschädigung von 10 Mark pro Stunde vor. Anbietern und
Nachfragern steht es aber frei andere Vereinbarungen zu treffen.
Ein wesentliches Kriterium ist die Klärung von Haftungsfragen zwischen
den Familien und den Ersatzgroßeltern, falls die Kinder einmal zu
Schaden kommen sollten. Das Heidelberger Seniorenzentrum hat zu diesem
Zweck eine "Haftungsverzichts-Erklärung" entworfen.
Solch ein Großelterndienst wäre für Schwerte gleichfalls eine runde
Sache. Vielleicht finden sich auch in unserer Stadt Organisatoren, die
ein solches Projekt ins Leben rufen. Zu wünschen wäre es.
Reinhold Stirnberg