Am 27. September 1997 eröffnete Herr Peter Hendrik Fritz von Syberg auf
dem ehemaligen Stammsitz seiner Familie, Haus Voerde, eine Ausstellung
mit zahlreichen Exponaten aus dem Kunstschaffen seiner Großeltern Fritz
und Anna Syberg und ihrer Kinder, insbesondere seines Vaters, des
Bildhauers Hans Syberg. Die aus Familienbesitz stammenden Kunstwerke,
Gemälde, Zeichnungen, Radierungen und Plastiken, musikalisch umrahmt mit
Werken seines Onkels, des Komponisten Franz Syberg, vermittelten
erstmals in Deutschland einen Gesamtüberblick über Leben und Werk der
dänischen Künstlerdynastie Syberg.
Daher möchte ich ihnen in dieser Folge Fritz Syberg und seine
außergewöhnliche Familie einmal näher vorstellen.
Fritz von Syberg ist ohne sein deutsches Adelsprädikat "von" im Namen
in die dänische, ja europäische Kunstgeschichte eingegangen. Schuld
daran sind der Pfarrer von Faaborg und Fritzens Vater Anton. Hierüber
berichtet die Familienüberlieferung: Als Anton seinen Sohn zur Taufe
anmeldete, antwortete er auf die Frage des Pfarrers, wie das Kind heißen
solle: "Christian Friedrich Wilhelm Heinrich Freiherr von Syberg zu
Voerde, wie sein Großvater!" Daraufhin blickte der Pfarrer spöttisch an
Antons ärmlicher Kleidung herab auf seine klobigen Holzschuhe, in denen
Anton vor ihm stand und erwiderte hämisch: "Na mein Sohn, wo liegt denn
deine Freiherrlichkeit, vielleicht auf dem Mond?" Der arme Anton
schluckte und resignierte: "Sie haben recht, in meinen jetzigen
Verhältnissen klingt `Freiherr von Syberg zu Voerde' tatsächlich
unpassend. Dann nennen wir den Kleinen eben nur `Syberg'!" Und hierbei
ist es dann geblieben. Trotzdem war sich Fritz Syberg seiner adligen
Abkunft stets bewußt und an der Erforschung seiner Familiengeschichte
stark interessiert. Seine privaten Korrespondenzen nach Deutschland
unterzeichnete er später stets mit `Fritz von Syberg'. Aber erst seine
Enkel Peter und Kirsten `von Syberg' haben ihren alten Familiennamen
wieder offiziell eintragen lassen.
Nach Absolvierung der Tekniskskole in Faaborg (in Teil IV irrtümlich
nach Kopenhagen verlegt) begann Fritz 1884 mit dem Studium an der
Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen. Doch die dortigen
Professoren Exner, Vermehren und Bloch, alles Anhänger der
traditionellen Genremalerei, überzeugten Fritz nicht. Er spürte, die
alten ausgetretenen Pfade in der Malerei mußten aufgegeben werden. Die
Zeit war reif für etwas Neues! So wechselte er an die Freie
Studienschule des Christian Zahrtmann in Kopenhagen, der sich bemühte,
neue Wege in der Malerei zu finden.
Nicht mehr die Schönheit, Erhabenheit und Größe sollten so für Fritz
Syberg die Kriterien sein, an denen er sich messen lassen wollte,
sondern Naturalismus und harter, ja sozialkritischer Realismus! Doch
schwer war der Weg und unverstanden. Erst Anfang der 90er Jahre konnte
sich Fritz Syberg durch seine schicksalsschwangeren Schilderungen, in
Übereinstimmung mit dem seine Zeit markierendem Interesse für den
Symbolismus, in der Dänischen Kunstszene allmählich zu Wort melden. Es
sind großartig düstere Bilder der Erinnerung an seine Kindheit, mit
ihren niederdrückenden und knechtenden Verhältnissen der kleinen Leute.
Hervorzuheben sind hier der schon genannte und gezeigte "Todesfall"
(1890-93, Nationalgalerie Kopenhagen), die Erinnerung an das Sterbebett
der Mutter und "Das große Abendmahl" (1893-95, Faaborg Museum). Hierin
verlegt er das letzte Abendmahl Jesu in eine typisch fünener
Bauernstube, wo sich eine vielköpfige bäuerliche Großfamilie, beim
düsteren Licht einer Petroleumlampe um den Tisch versammelt hat.
Nicht wenige Kritiker halten heute diese Periode für die Ergreifendste
und Ausdrucksvollste in Sybergs Lebenswerk. Sie findet ihren Höhepunkt
in einer Serie von Illustrationen zu einer Ausgabe von H.C. Andersens
"Historien om en Moder" (1895-98).
1894 heiratete Fritz Syberg die 24jährige Anna Louise Brigitte Hansen,
die Schwester seines Freundes Peter Hansen und Tochter seines Meisters
Syrak Hansen aus Faaborg, die wie ihr Mann als Maler, schon bald, als
Aquarellistin, berühmt werden sollte. Die Hochzeitsreise führte das
junge Künstlerehepaar nach Berlin. Nach ihrer Rückkehr ließen sie sich
in Svanninge nieder. Annas gute Freundin Alhed ehelichte 1898 ihren
gemeinsamen Freund, den Kunstmaler Johannes Larsen, Sohn des
schwerreichen Großkaufmanns Jeppe Andreas Larsen aus Kerteminde auf
Fünen. Larsens Schwester Christine heiratete später den bekannten
Kunstmaler Sigurd Swane. Über ihn und die anderen hier genannten
Personen, ihr Leben und Werk, kann man in einschlägigen Künstlerlexika
nachlesen.
Fritz Syberg, Peter Hansen und Johannes Larsen, die beide auch bei dem
großen Christian Zahrtmann studiert hatten, verband eine lebenslange
Freundschaft. Diese drei Freunde und Schwäger stehen am Anfang der
modernen Malerei in Dänemark und der ihnen von der Kunstszene beigelegte
Schimpfname "Die Bauernmaler von Fünen" sollte sich recht bald zum
Ehrennamen wandeln.
Fritz Sybergs Gattin Anna, ihre Freundin Alhed und Christine Larsen,
alles hochbegabte Künstlerinnen, wurden von Christian Zahrtmann der
Wunsch verwehrt an seiner Schule zu studieren, da er in dem typisch
männlichen Chauvinismus seiner Zeit befangen, Frauen generell jegliche
künstlerische Befähigung absprach. So wurde Fritz Syberg ihr
künstlerischer Mentor, Förderer und Lehrer.
1895 wurde Fritz und Annas erstes Kind, ihr Sohn Hans Peter in Svanninge
geboren, 1896 gefolgt von der Tochter Johanne Marie Brigitte genannt
"Besse". Drei Jahre später erblickte die Tochter Klara Maria Barbara
genannt "Nolle" das Licht der Welt.
Den ersten internationalen Achtungserfolg der "Fünenmaler", als
Repräsentanten der Dänischen Kunst, brachte ihre Teilnahme an der
"Nordiske Ausstellung" in Stockholm, 1897 und im Jahre 1900 an der
Ausstellung im Rahmen der Pariser Weltausstellung.
Vom Spätsommer 1899 bis 1900 weilten Fritz Syberg und seine Familie,
zusammen mit Johannes Larsen und Frau Alhed auf dem großen Waldgut
Båxhult in Schweden, an der Grenze zwischen Halland und Småland gelegen,
das Larsens Vater gehörte. Hier in der Wildnis Südschwedens empfingen
Fritz und Anna Syberg zahlreiche Inspirationen für ihr künstlerisches
Schaffen.
Galt Fritz Syberg als "Bauernmaler", so war seine Gattin Anna "die"
dänische "Blumenmalerin". Ihr Hauptmotiv waren und blieben zeitlebens
Blumen und Pflanzen. Mit ihren zauberhaften Aquarellen beteiligte sie
sich über 15 Jahre, von 1894 - 1913, regelmäßig an der Charlottenborger
Ausstellung in Kopenhagen, sowie an anderen Ausstellungen. Die
Königliche Kunstakademie verlieh ihr 1902, 1903 und 1908 Stipendien.
Ihre Werke befinden sich heute zumeist in Privatbesitz und verschiedenen
Museen. Zweiundzwanzig Aquarelle, zwischen 1894 und 1912 entstanden,
sind heute im Faaborg Museum ausgestellt.
Im Jahre 1902 erwarben Fritz und Anna Syberg bei Kerteminde, aber zum
Kirchspiel Drigstrup gehörig, den Resthof Pilegaarden, etwa 1 Kilometer
entfernt von Johannes Larsens Heim Møllebakken, für 3000 Kronen. Dies
wurde dadurch möglich, da ein Deutsches Museum (Name unbekannt) einige
Bilder von Fritz Syberg erwarb.
Der Kauf dieses romantischen reetgedeckten typischen fünischen
Vierflügelhofes plus einiger Morgen Land sicherte der Familie eine
bescheidene Existenz als Selbstversorger, falls die Nachfrage an Sybergs
Werken einmal nachlassen könnte. Außerdem konnte sich Fritz nun hier ein
großes Atelier einrichten.
Zusätzlich fand sich hier genügend Raum für den nun wieder einsetzenden
Kindersegen der Sybergs. Im Jahre 1903 erblickte hier der Sohn Lars gen.
Sakker, 1904 Franz Adolf gen. Trylle und 1906 Ernst Axel gen. Rille, das
Licht der Welt.
Pilegaarden wurde für den immer größer werdenden Kreis der Fünenmaler ab
1902 und für die nächsten 25 Jahre zum neuen Dänischen Kunstzentrum,
liebevoll "Sybergland" genannt.
Die folgenden Jahre brachten für Fritz Syberg ständig weitere Erfolge.
Obwohl es auf der Dänischen Freien Ausstellung von 1907 von einigen
"Kunstpäpsten" noch vernichtende Kritiken über die Bauernmaler Syberg,
Larsen und Hansen hagelte, war ihr endgültiger Durchbruch nicht mehr
aufzuhalten.
Im Februar 1910 erzielte Fritz Syberg einen absoluten Verkaufsrekord. So
erwarb der Konservenfabrikant Mads Rasmussen aus Faaborg von Syberg
Gemälde im Wert von 15900 Kronen. Das entsprach umgerechnet dem
zehnfachen Jahreseinkommen eines Kopenhagener Handwerkers! Heute etwa
1,5 Millionen Kronen oder 250.000 DM. Im gleichen Jahr noch begann
Rasmussen in Faaborg mit dem Bau des "Faaborg-Museums", das er speziell
für die "Fünenmaler" stiftete.
Dieser reiche Geldsegen ermöglichte es Fritz Syberg mitsamt seiner
großen Familie, für 3 Jahre nach Italien zu gehen (von 1910 - 1913), wo
sie sich in Pisa und Lucca niederließen. Die farbenfrohe Atmosphäre des
Südens fand so Eingang in Sybergs spätere Werke, mit helleren,
leuchtenden Tönen, die speziell seinen großen Landschaftsbildern jenen
unnachahmlichen Reiz verliehen, der ihre Faszination bis heute ausmacht.
Gleichzeitig wird mit seiner Rückkehr nach Dänemark eine immer stärker
werdende Hinwendung zum Impressionismus spürbar.
Bereits 1908 hatte er auf einer Reise nach Holland und Paris die Werke
flämischer und französischer Künstler kennengelernt und sich besonders
über Monet und Renoir begeistert geäußert.
Als Fritz Syberg im Sommer 1913 mit seiner Familie aus Italien nach
Dänemark zurückkehrte, war Anna wieder schwanger. Sie war jetzt 43 Jahre
alt, eigentlich viel zu alt, um noch einmal Mutter zu werden. Am 6.
Oktober 1913 wurde Fritz und Annas siebtes und letztes Kind, die Tochter
Anna Louise gen. Rabbe geboren. Von dieser Geburt hat sich Anna Syberg
nicht mehr richtig erholt. Im Sommer 1914 mußte sie sich in Kopenhagen
einer Operation unterziehen und ist dort am 4. Juli 1914 an den Folgen
eines Blutsturzes verstorben.
Der Tod seiner Frau bedeutete einen harten Schlag für Fritz und die
Kinder, denen nun die Mutter an allen Ecken und Enden fehlte. Um den
Kindern wenigstens eine Ziehmutter zu geben, heiratete er im Mai 1915
Annas Schwester Marie Hansen, die geschiedene Frau des Kunstmalers Carl
Schou. Es war eine reine Versorgungsehe, da er seine Schwägerin
finanziell absichern wollte, die sich nun als liebevolle Stiefmutter um
die Erziehung der Kinder kümmerte.
Im Jahre 1917 heiratete Fritz Sybergs älteste Tochter "Besse" den
bekannten Maler Harald Giersing. Auch Besse hatte das künstlerische
Talent ihrer Eltern geerbt, allerdings auf anderem Gebiet. Sie wurde
Schauspielerin und ist unter dem Namen "Besse Giersing" in Dänemark
populär geworden. Überhaupt haben alle Kinder die künstlerischen Gene
ihrer Eltern mitbekommen und es zu Ruhm und Ehre gebracht.
Der älteste Sohn Hans, von dem gleich noch die Rede sein wird, wurde
einer der bekanntesten dänischen Bildhauer. Seine Schwester Nolle machte
sich als Pianistin einen Namen. Lars gen. Sakker sattelte später vom
Ingenieur zum Keramiker um. Auch Ernst Axel gen. Rille gab seine
ursprüngliche Profession als Jurist auf und wurde ein bekannter
Kunstmaler. Besonders ist hier Franz Syberg gen. Trylle zu gedenken. Er
studierte an der Musikhochschule zu Leipzig und wurde Komponist, doch
blieb ihm zu Lebzeiten der große Durchbruch versagt. So hielt er sich
notdürftig als Organist an der Kirche zu Kerteminde über Wasser. Mit
Einverständnis seiner Geschwister erbte er 1939 den elterlichen Hof
Pilegaarden, wo er durch die kleine Landwirtschaft und die Bienenzucht
eine bescheidene existentielle Nische fand, wobei er von seinem berühmt
gewordenen Bruder Hans Syberg finanziell unterstützt wurde.
Bei uns in Deutschland ist der Komponist Franz Syberg nur in Fachkreisen
bekannt, doch gehört er auch zu den großen Neuerern in der modernen
Musik, wie Paul Hindemith und Igor Strawinsky, der heute 44 Jahre nach
seinem Tod in der dänischen und englischen Musikwelt gefeiert wird. Alle
seine Kompositionen befinden sich heute in der Königlichen Bibliothek in
Kopenhagen. Einige seiner Werke sind auch bei uns in Deutschland auf
CD's der Firma "Kontrapunkt" erhältlich. Franz Syberg starb 1955 vor
Aufregung an einem Herzschlag, als ein Feuer Pilegaarden einäscherte.
Doch zurück zu Fritz Syberg. Seine große Ära und die der anderen
Fünenmaler, "Der Große Dänische Sommer", währte etwa von 1901 - 1927
und wurde Grundlage für eine neue Generation von Künstlern um die
Künstlerkolonie von Kerteminde mit dem Syberg'schen Pilegaarden und
Johannes Larsens Møllebakken als Mittelpunkt.
Auch nach seiner großen Zeit blieb Fritz Syberg ein gefragter
Landschaftsmaler und Portraitist. In seinen Spätwerken dominierte nun
wieder der Naturalismus in prachtvollen Farben und kraftvollen
Pinselstrichen.
Nach überreichem Lebenswerk nahm dem Meister, Freund Hein, am 20.
Dezember 1939, den Pinsel für immer aus der Hand. Er wurde 77 Jahre alt.
Seine letzte Ruhe fand er auf dem Kirchhof von Drigstrup.
Fritz Sybergs Werke finden wir heute in allen großen Museen der Welt.
Insbesondere in Dänemark (Nationalgalerie, Faaborg Museum, Kerteminde
Museum, Johannes Larsen Museum und Arhus Museum sowie z.B. in den Museen
von Randers, Tønder, Skagen und Viborg), in Norwegen, Schweden, Irland
und Island. Über ihn und seine Frau Anna liegt eine umfangreiche
Bibliographie vor.
Fritz Sybergs ältester Sohn Hans lebte seit der Rückkehr aus Italien in
Kopenhagen und fand in der Bildhauerei seine Profession, obwohl er auch
als hochbegabter Maler erfolgreich geworden wäre. Bereits in Pisa hatte
er eine Steinmetzlehre absolviert und mit der Gesellenprüfung
abgeschlossen. In Kopenhagen fand er Arbeit als Tiermodelleur im
Zoologischen Garten. 1916 brachte ihn sein Onkel Peter Hansen erstmals
mit der Keramikkunst in Berührung. In der Bildhauerkunst führte ihn sein
Freund und Mentor, der berühmte Bildhauer Kai Nielsen zur Meisterschaft.
1919 debütierte Hans Syberg auf der Herbstausstellung der dänischen
Künstler als Bildhauer und wußte zu überzeugen. 1922 heiratete er die
aus vermögendem Hause stammende, kunstinteressierte 28jährige Ulla
Levysohn. 1924 wurde ihr erstes Kind, die Tochter Kirsten, geboren. 1931
folgte der einzige Sohn Peter Hendrik Fritz.
Durch seine Präsenz auf zahlreichen nationalen Ausstellungen und seine
Erfolge kam Hans Syberg zunehmend in den Genuß von Legaten, welche ihm
eine bescheidene Existenz und Studienreisen nach Griechenland, Italien
und Ägypten ermöglichten. Doch trotz allem fehlte es ständig am Gelde.
So arbeitete Hans 1925/26 in der Porzellanmanufaktur Bing & Grøndahl und
lernte die industrielle Keramikherstellung kennen.
Da Hans Syberg zu dieser Zeit noch nicht von der Bildhauerei leben
konnte, gründete er 1928, zusammen mit seiner Cousine, der Keramikerin
Grete Hansen, Tochter von Peter Hansen und verheiratet mit einem Sohn
von Johannes V. Jensen, dem "spiritus rector" der Fünenmaler, die
Studientöpferei "Hans und Grete" in Kopenhagen. Das Startkapital kam
von Ullas Familie. Als Firmenmarke wählte Hans Syberg das fünfspeichige
Syberger Rad. Der Schwerpunkt der Produktion lag bei der
Gebrauchskeramik. Hans Syberg griff hier auf Dänische Vorbilder zurück,
auf denen er aufbauen konnte und etwas völlig Neues in Form und Dekor
schuf. Seine Tafelgeschirre wurden von der Öffentlichkeit als würdige
moderne Konkurrenz zu dem damals dominierenden schwedischen Tongeschirr
begeistert begrüßt.
Doch schon 1933 übernahm sein Bruder, der Ingenieur Lars (Sakker) den
Betrieb und verlegte ihn nach Taastrup, denn Hans Syberg war nun
endgültig der Durchbruch als Künstler gelungen und er hatte sich
national und international einen Namen als Bildhauer gemacht und wurde
mit gutbezahlten Großaufträgen betraut. So erhielt er 1927, durch die
Vermittlung von Peter Hansen, den Zuschlag für das Denkmal des Christian
Zahrtmann, das 1931 auf dem Zahrtmannsplatz in Kopenhagen-Frederiksberg
feierlich enthüllt wurde.
Die 30er Jahre wurden Hans Sybergs große Zeit. Von seinen zahlreichen
Kunstwerken will ich nur die 12 Tonnen schwere Monumentalskulptur "Tyren
- der Stier" herausstellen. Aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums der
Landwirtschaftsschule Dalum hatte der Carlsbergfond hierzu 16300 Kronen
gestiftet. Im August 1939 wurde diese Großplastik vor dem Hauptgebäude
der Schule enthüllt. Nur wenige Wochen später, am 1. September brach der
zweite Weltkrieg aus. Hiermit begann für Hans Syberg und seine Familie
eine neue Epoche.
Es wurde nun schwierig allein von der Kunst zu leben, denn niemand
wollte mehr in große Kunst investieren. Hans Syberg zog daher die
Konsequenzen und hängte die Bildhauerei an den Nagel. Ein letztes großes
Werk führte er jedoch noch aus - das Grabmal für seinen Vater Fritz
Syberg, in Form eines Tryptichons. Es zeigt im Mittelfeld den Vater an
der Staffelei, links und rechts flankiert von zwei Seitenflügeln mit je
drei Reliefs mit Szenen aus Fritz Sybergs "Historien om en Moder" und
dem Zyklus "Skabelsen - Die Schöpfung".
In den 30er Jahren hatte Hans Syberg auf der Halbinsel Hammeren am
Isefjord in Nordseeland 1,5 ha Land gekauft und nach und nach seinen
Grundbesitz auf 35 ha = 140 Morgen erweitert und mit der Anlage einer
Obst- und Fruchtplantage begonnen, die er nun auf 70 Morgen ausbaute.
Die andere Hälfte der Fläche diente der Nahrungsmittelproduktion. Die
Plantage warf schnell Gewinn ab, der die Familie während des Krieges und
der Deutschen Besatzungszeit aber auch später ökonomisch absicherte.
Während Hans Syberg im Laufe des Krieges alleine auf seiner Plantage
hauste, blieben Frau und Kinder in ihrer 1928 errichteten Villa in der
Azaleavej in Kopenhagen wohnen. Später bezog die Familie ein
Backsteinhaus auf Hammeren, das ab 1958 Hans und Ulla Syberg als
ganzjähriger Wohnsitz diente. Die Villa in Kopenhagen übernahm die
Tochter Kirsten. Heute lebt sie auf Hammeren, in einem 1966 errichteten
großen Holzhaus.
Obwohl die Landwirtschaft nun Hans Sybergs Existenzgrundlage geworden
war, hatte er die Bildhauerei nicht ganz aufgegeben, beteiligte sich
jedoch nicht mehr an Ausstellungen. Zahlreiche Plastiken und Zeichnungen
zeugen heute von dieser Schaffensperiode. Alle Kunstwerke entstanden aus
reiner Schaffensfreude ohne die Absicht sie auszustellen und zu
verkaufen.
Im März 1971 starb Ulla Syberg im Alter von 77 Jahren. Ihr Mann Hans
überlebte sie noch um 8 Jahre und starb am 11. Juni 1979 im Alter von 84
Jahren und wurde auf eigenen Wunsch in einem namenlosen Grab auf
Vestrekirkegaard beigesetzt.
Doch in seinen beiden Kindern, Kirsten und Peter von Syberg, lebt das
künstlerische Erbe des Vaters und der Großeltern weiter. So hat Kirsten
in der Malerei ihre künstlerische Verwirklichung gefunden, während sich
Peter als Schriftsteller und Zeichner betätigt.
Peter von Syberg lebt heute mit seiner deutschen Gattin in
Schwelm/Deutschland und leitet einen Dänischen Sprachkurs an der
Volkshochschule Schwerte.
Ihm möchte ich an dieser Stelle für die Öffnung seines umfangreichen
Familienarchivs besonders danken. Ohne sein Entgegenkommen wäre dieser
Bericht nicht zustandegekommen. Vielleicht ergibt sich noch an anderem
Orte die Gelegenheit, eine umfangreiche Dokumentation über diese
außergewöhnliche Künstlerfamilie nachfolgen zu lassen.
Im Mittelpunkt des sechsten und letzten Teiles der Reihe steht die Linie
der Freiherren von Syberg zu Schwerte, Hees und Sümmern, über die ich in
der Juniausgabe der AS berichten werde.